Die Welt der Stille
Ich sitze auf meinem Steg und lasse mir die Füße vom Wasser
umschmeicheln, sanftes, ruhiges Wasser, das meine Anwesenheit nicht im
Mindesten beeindruckt.
Ich gehe dem Ufer entlang und lasse mich ein, auf die
Geräusche und Gerüche der Nacht.
Ich suche die Blaue Blume und all die Möglichkeiten mich Dir
zum Ausdruck zu bringen – oder ist das eine vom anderen umschlossen.
Ich erwarte Dich, mit jedem Aufgang der Nacht, aufs Neue.
Ich empfange Dich, in meiner Welt, in mir, Dich zu
beschenken, zu erweitern, wie Du mich beschenkst und erweiterst.
Ich träume, jede getane und jede ungetane Begegnung, jede
getane und jede ungetane Berührung.
Nein, da geschieht nichts Aufregendes in meiner Welt, keine
Abenteuer und keine Blitzlichtszenen.
Nein, da geschieht nichts Lautes und nichts Entsetzliches in
meiner Welt, keine übermenschlichen Taten und keine Horrorszenarien.
Wenn dies Dein Maß für Geschehen ist, so geschieht bei mir
wahrhaftig nichts.
Doch, wenn du einen Ort suchst, an dem Du Dir die Schminke
vom Gesicht waschen darfst, um Dich endlich wieder einmal selbst, richtig und
unverfälscht, zu sehen, einen Ort, an dem Du alle Masken fallen lassen kannst,
um Dir einmal wieder selbst zu begegnen und Dich als Du selbst sein lassen
darfst, wenn Du einen Ort suchst, an dem Du keine Rolle mehr zu spielen
brauchst, um wieder zu Dir zu finden, weil es an diesem Ort keine Rolle mehr
spielt wer oder was Du bist, welches Amt oder welchen Rang Du bekleidest,
sondern nur was Dich als Du selbst in allen Tiefen und Abgründen ausmacht, wenn
Du einen Ort suchst, an dem Du die selbstverschriebenen Einengungen ablegen
kannst, um endlich wieder frei atmen zu können, dann, ja dann bist Du hier
richtig.
Tritt ein und reich mir Deine Hand! Erzähl mir Deine
Geschichte, nur die, die hinter den ganzen zusammengebastelten steht, die eine
wahre, in der Du nichts als Dich selbst erzählst, diese ewige Geschichte des
Lebens, des atmenden, pulsierenden, warmen, jetzt-begründenden, da-seienden
Lebens. Geh mit mir durch die Nacht und erlebe Dich sehnend, hoffend, tastend
und fühlend. Und wer weiß, vielleicht entdeckst Du sie ja, letztendlich, die
Blaue Blume, und das Mehr als Alles.
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