Ursprünge
Im
Anfang der Zeit war es, ja noch vor der Zeit, als die Zeit noch nicht die Sinne
einkerkerte und die Gedanken linearisierte, als die Entfaltung sich noch nach
dem inneren Takt richtete und die Verwandlung untrennbar dem Sein anhaftete, als
Gajas Schoß noch fruchtbar und rege war, als der Raum nicht starr und geordnet
alles einfing und behielt, als das Leben noch lebendig war, das zog sich das
Antlitz der Mutter zusammen, warf Hügel und Berge auf, entspannte sich in weite
Ebenen und spannte sich abermals und ließ Täler und Gräben entstehen, zu einer
Zeit vor der Zeit und der Ewigkeit in der die Sinnlichkeit des Lebens aus jeder
ihrer Poren sprießte. Und in den Mulden sammelte sich die organische Kraft des
Wassers, das sich ewig im Ändern gleichbleibende, das sich um jede Form
schmiegt, und sich doch in keiner festlegen lässt, das sich fortbewegt und
keinen Halt kennt, das aus den Tiefen dringt, wie aus den Höhen herabfällt, das
uns umschmeichelt und mit sich fortreißt, sanfte Berührung, jäher Sog, im
Wandel sich niemals seiner selbst entledigend, im Wandel immer als es selbst
verbleibend. Und das Leben, das sich nichts weiter unterwarf als dem Leben
selbst, war vor der Zeit, indeterminiert, kraftvoll, gleichwohl sich findend in
der Ungezwungenheit des sich Forttragenden. Und das Wasser trägt die Melodie
des Lebens, umschmeichelt das Werdende, trägt es mit sich sanft, wie die Mutter
ihr Kind in den Armen wiegt, ihm ein Schlaflied singend und bergend ohne zu
beherrschen. Denn es war im Anbeginn, bevor die Zeit war, in der der Schutz
sich mit der Herrschaft verbündete. Und da vernahm ich die Melodie, die süß
klang in meinen Ohren und mich noch ungeworden, über mich hinaus wies. Und aus
dem Treiben, dem scheinbar ziellosen Dahintreiben, wurde ein zielgerichtetes,
denn zu der Melodie gesellte sich eine Bedeutung, die ansprach, mich ansprach,
derart, dass die Bedeutung sich nur mir offenbarte, und vor meinen Augen
geschah ein Werden, durch meine Augen, in meinem Blick, und doch unabhängig
davon. Und das Geschenk war das Werden durch dessen Blick, der sich der Melodie
anvertraute und sich mir näher brache. Vor meinen staunenden Augen geschah die
Metamorphose, die sich ereignende, die nie abgeschlossene. Vor dessen Blick
geschah mein Werden, das immer schon Vorhandene und doch immer sich Wandelnde.
Langsam sich annähernd, und der Teil, der dem Wasser entwuchs und doch nicht
nur Wasser war, und doch nicht von ihm zu trennen, warst Du, war ich. Und er
war nicht mehr Wasser, indem er eigenständig war, sich zeigte und sichtbar
wurde, so dass ich mich Dir zu erkennen gab, so dass Du Dich mir zu erkennen
gabst, und war doch auch Wasser in der immer sich fortsetzenden Verwandlung,
die aus sich kam und aus Dir, wie ein sich Fortsetzendes, ein stets sich
Gebendes und Nehmendes in ungebrochener Reihung, war Geben und Nehmen, Annehmen
und Schenken ein Fließen, in der Ungebändigtheit vor der Zeit, vor der
Isolierung, war ein immer wieder sich wiedrholendes Aufeinanderzu und
Ineinander, ohne ein Spiel zu werden. Viel zu stark dem inneren Werden
verbunden und dem Leben selbst verpflichtet, Dich umfließend, mich umfließend,
und doch genau wissend, wo dieses Du endet und das Ich beginnt, was Du bist und
was ich bin, ohne die Grenzen als schmerzhaft zu empfinden, sondern als die
Verquickung des gegenseitig sich lustvoll verändernden Zusammen, in der
Konstanz Wachstum und Veränderung Bleiben heißt. Vor der Zeit, als das Du nicht
anders gesprochen wurde als mit dem ganzen Wesen und die Naivität, die
unschuldige Reinheit des Lebens sich frei in einem Aufeinander-zu entfalten
konnte.
Vor
dem Anfang der Zeit war es. Mittlerweile verkehren unsere Gedanken auf
Autobahnen, aber der ursprüngliche Lebensimpuls schlummert in Dir, erwacht,
wenn Du Dich anrühren und fortschwemmen lässt in die Ursprünglichkeit des
Lebens.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen