Ich wünsche mir ein Ringelspiel
„Wunderbar hast Du meine Welt gestaltet“, sage ich sinnend,
nachdem wir sie durchgangen waren.
„Hast Du es denn schon wieder vergessen? Nicht ich habe sie
gestaltet, wir haben das getan, gemeinsam, dem Chaos sprechend enthoben“,
entgegnest Du.
„Stimmt, ich erinnere mich. Den Mond und die Burg und den See und
den Steg und den Weg, nur nicht die Blaue Blume“, sage ich.
„Die Blaue Blume zeigt sich wann und wo sie will. Sie lässt sich
nicht zwingen, wie sich die meisten wesentlichen Dinge des Lebens nicht zwingen
lassen“, meintest Du nachdenklich.
„Es ist wirklich alles wunderbar, so wie wir es wollten, und es
ist ein Ort geworden, an dem es möglich ist sich frei zu fühlen, weit und
lebendig“, sage ich.
„Eine ganz eigene magische Wirkung hat er, dieser Ort, und wenn
ich nicht da sein kann, dann sehne ich mich danach“, ergänzt Du.
„Nur noch eines fehlt mir, dann ist sie vollständig“, sage ich.
„Und was könnte das sein?“, fragst Du.
„Ich wünsche mir ein Ringelspiel!“, antworte ich sehnsüchtig.
„Ein Ringelspiel?“, fragst Du ungläubig.
„Ja, ein Ringelspiel. Du weißt schon, so eines wie es sie auf fast
jedem Spielplatz gibt, so eines mit einer Bank rundherum und mit einer Scheibe
in der Mitte zum Drehen“, erkläre ich.
„So ein Ringelspiel wünschst Du Dir also? Wozu brauchst Du bloß
ein Ringelspiel? Bist Du denn nicht schon ein wenig zu alt dafür?“, fragst Du
entgeistert.
„Wenn Du auf diesem Ringelspiel sitzt und drehst, immer und immer
weiter, wenn der Wind durch Deine Haare streift und sie fliegen lässt, und wenn
Du Dich dann nach hinten lehnst und Dich einfach drehen lässt, mit
geschlossenen Augen, dann ist es, als würdest Du fliegen, fliegen ohne
abzustürzen“, erkläre ich.
„Ein nettes kleines Vergnügen“, bestätigst Du nachdenklich.
„Und eines für das man nie zu alt wird. Oder ist man irgendwann zu
alt um zu spielen, Freude zu haben einfach um der Freude willen, zu Lachen
einfach um des Lachens willen, und weil das Leben nicht immer ernst sein muss“,
setze ich nach.
„Du hast recht. Die Welt aus der Perspektive der Zweckfreiheit
sehen, die Welt mit all den großen und kleinen Wundern, sie einfach wirken
lassen ohne nach einem Warum zu fragen“, ergänzt Du.
„Und zu springen, zu laufen,
zu tanzen, Hand in Hand mit Dir“, sage ich, und lächle Dich an.
„Nie zu alt zu spielen. Gut, Du sollst Dein Ringelspiel haben.
Darf ich dann auch mal mitfahren?“, fragst Du kleinlaut.
„Wenn Du nicht doch schon zu alt bist ...“, necke ich Dich.
„Na warte, Du freche Göre!“, sagst Du lachend und versuchst mich
zu haschen, doch ich springe auf.
„Schnapp mich doch, wenn Du kannst“, sage ich herausfordernd und
schon setzt Du hinter mir her. Kreuz und quer jagst Du mich über die Wiese, bis
wir atemlos und lachend niedersinken.
„Du siehst, wir brauchen ein Ringelspiel“, sage ich abschließend.
„Ja, unbedingt“, bestätigst Du.
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