Es geht doch nicht über einen wirklich guten Freund
Aller Anfang ist schwer,
heißt es allenthalben. So ein Unsinn, gerade der Anfang ist das Leichte, denn
da kommt man zusammen, weil man es will. Automatisch stellt man das Verbindende
über das Trennende, und man vermag selbst da noch was Verbindendes zu finden,
wo es nichts anderes gibt als den Willen zu Verbindendendem. So kamen wir
zusammen, und alles war heiter und beschwingt und wunderbar. Doch die Zeit verging, wie das die Zeit eben
so zu tun pflegt, die erste Begeisterung ließ nach, und auch der Wille und auch
die Einsicht. Von der Kontaktpflege blieb nur noch die Pflege übrig, als da
doch so etwas wie Besinnung darauf war, dass da mal was war, so was wie eben
war was war.
„Natürlich bin ich für
Dich da, wenn Du mich brauchst“, sagte ich leichthin.
„Ja, da gibt es schon
etwas, was Du für mich tun könntest“, entgegnetest Du leichthin, „Aber es ist
nicht ganz einfach.“
„Da hast Du wohl recht,
aber ich werde alles, was mir möglich ist, in Bewegung setzen, um es dennoch zu
schaffen“, erklärte ich voller Zuversicht und Tatendrang, sofort beginnend mein
Vorhaben in die Tat umzusetzen.
„Du brauchst Dich aber
erst wieder zu melden, wenn es erledigt ist, oder eigentlich ist es gar nicht
notwendig, denn ich merke es dann eh“, setztest Du noch hinzu, doch in meinem
Eifer überhörte ich es wohl.
Wochenlang arbeitete ich
an dem, was ich Dir versprochen hatte, wochenlang, weil ich Dir helfen wollte
und Du es allein nicht schafftest. Das hattest Du nicht gesagt, aber das dachte
ich so bei mir, auch wenn eine böse Stimme in mir nicht unterlassen konnte
anzumerken, dass es nicht am Können, sondern am Wollen läge, dass es wohl sehr
angenehm war, dass ich das so ohne viel Nachdenken übernommen und Dir
abgenommen hatte, auch die Verantwortung, aber schließlich waren wir Freunde,
und was macht man nicht alles für einen Freund.
„Ich habe es geschafft!“, legte
ich mir die Worte zurecht, während ich Deine Nummer wählte, bereit Deine Freude
zu hören, doch Du hobst nicht ab. Nun gut, ging wohl gerade nicht, dachte ich,
während ich es immer wieder versuchte, doch immer mit dem selben Ergebnis. Als
das nicht fruchtete, schrieb ich Dir, doch auch darauf reagiertest Du nicht.
Irgendwie war es merkwürdig, doch ich ließ mich nicht beirren, wollte immer
noch nicht glauben, was doch ganz offensichtlich war, wollte einfach nicht,
denn es könnte ja was passiert sein, was, na was, ja, was auch immer.
Endlich gelang es mir doch
zu Dir durchzudringen, gelang es mir meinen einen kleinen Satz bei Dir anzubringen.
„Deswegen bist Du so
lästig?“, fragtest Du nur, nicht nur keine Freude zeigend, sondern auch noch
Verärgerung, „Ich sagte Dir doch, dass Du Dich nicht zu melden brauchst, ich
weiß es so schon längst, dass Du es gemacht hast. Hat zwar ziemlich lange
gedauert und ist auch nicht ganz so geworden, wie ich es mir vorgestellt hatte,
aber bitte, man kann halt nicht viel erwarten.“
„Es tut mir leid“, hörte
ich mich sagen, und hätte mir am liebsten gleich auf die Zunge gebissen. Was
bitte tat mir eigentlich leid, dass ich die Arbeit für Dich gemacht hatte?
„Ich verzeihe Dir“,
erklärtest Du großzügig, „Und wenn Du noch mehr für tun willst, ja, dann lass
Dich nicht aufhalten, ich nehme es immer gerne und mit Freude an.“
„Ja, klar“, sagte ich nur
mehr.
„Du siehst, es geht doch
nichts über einen wirklich guten Freund“, erklärtest Du, und dann legtest Du
auf.
Einen wirklichen guten
Freund, dachte ich, da hast Du wohl recht, da geht nichts drüber, vor allem,
wenn er so ist wie Du.
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