2811 Der Pilgerweg:


Hinführung


24 Menschen hatten sich aufgemacht um einen Pilgerweg gemeinsam zu bewältigen, einen Pilgerweg nach Weihnachten, einen Pilgerweg durch den Advent. Bewusst hatten sie sich abgewandt von all den Anforderungen, die die Vorweihnachtszeit so mit sich bringt, bewusst dem Konsumterror und dem Vorbereitungswahnsinn entzogen, vielleicht auch ein wenig der Verantwortung, die einem mit dem nahenden, hohen Fest auferlegt wurde. Doch war es wirklich das, was dieses Fest ausmachte? Sollte es das sein? Vielleicht war es auch der Wunsch den eigentlichen Sinn dieses Festes neu zu erschließen. Für den einen oder anderen unter ihnen fühlte es sich doch ein wenig so an, als würde er sich aus dem Staub machen und sich entziehen. Es war wohl auch ein wenig die Sehnsucht nach dem Authentischen, das sie hinaustrieb, fernab der Heimat zu sein, was immer dieses Authentische auch sein mochte. Sie wussten nur, dass es nicht im Trubel und nicht in der Geschäftigkeit, nicht in der Übertriebenheit und Unruhe liegen konnte. Das war wohl einer der Wünsche, die die Reisenden vereinte, die bunt zusammengewürfelt, Frauen und Männer, die einen noch nicht weit fortgeschritten auf ihrem Lebensweg, die anderen bereits mit einem großen Fundus an Lebensweisheit durch die gelebten Jahre ausgestattet, aus den verschiedensten Teilen des selben Landes stammend, mit Zug, Schiff und Bus die weit entfernte südwestliche Küste Irlands erreicht hatten.

24 unterschiedlichste Menschen, bunt zusammengewürfelt, standen am Anfang dieses Pilgerweges, eines Weges durch die Fremde, beginnend in Glengariff, einem kleinen, malerischen Ort an der Bantry Bay, der aufgrund seiner Lage die exotischsten Pflanzen beherbergte um an dessen Endziel den Mount Brandon zu erreichen, den heiligen Berg, grün, doch karg und sparsam, zwischen Grasbüscheln und Felsen, von der Üppigkeit in die Kargheit, vom Übermäßigen in die Schlichtheit.

24 Menschen, die sich gemeinsam in die Fremde begaben um ihre Gedanken und ihr Herz zu weiten, hinzufinden zum Eigentlichen, mitzuschwingen mit der Natur, mit der Schöpfung im lebendigen Tempo des Gehens, das sich dem Herzschlag anpasst.

24 Menschen in all ihrer Verschiedenheit, die zunächst nichts zu verbinden schien, als die gemeinsame Anreise, der gemeinsame Weg und das gemeinsame Ziel.

24 Menschen, die sich allesamt in ihrem kleinen, vertrauten Leben eingerichtet hatten, die sich wohl fühlten und geborgen, und es dennoch auf sich nahmen diese Wohligkeit und Geborgenheit hinter sich zu lassen, gerade im Advent, wo immer alle von zu Hause und Familie schwärmen, gerade zu Weihnachten, denn trotz alles Wohlbefindens ahnten sie von einer Brüchigkeit in ihrem Leben, die sie aufspüren und glätten wollten. Und wenn nun Advent wirklich Ankunft bedeutet, so bezieht sich dies wohl auf die nahende Ankunft des Erlösers, doch es bedeutet auch sich selbst in Bewegung zu setzen, mit anzukommen. Und ganz gleich wo der Ort sein wird, es wird eine gemeinsame, eine dialogische Ankunft sein, dialogischer Adventus. Nicht im Stillstand, im Miteinander geschieht es und erhält Bedeutung, denn der Mensch ist nicht nur Herz und Seele, sondern auch Körper, in dem sich die Bewegung der Seele spiegelt und diese nach außen trägt, die Welt ein klein wenig zu verändern. Auch erwartend, aber aufbrechend erwartend, auch empfangend, aber gebend empfangend, auch beherbergend, aber bereitend beherbergend.

24 Menschen haben sich gemeinsam in die Fremde begeben um Heimat neu zu finden, indem sie gemeinsam einen Weg gehen.

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