Fernweh nach der Heimat
Von Ferne dringt der Ruf zu mir. Es ist der Wind, der ihn zu
mir trägt. Und die Wolken. Und das Wasser. Der Wind erzählt mir, dass er es
gesehen hat, das Land, in dem meine Seele Heimat fand. Über sanfte grüne Hügel
wehte er, über scharfe, steile Klippen. Er legte sich auf den glatten Spiegel
des Ozeans, schwang mit den aufgeregten Wellen.
Komm, flüstert er mir zu, komm nach Hause.
Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine
Seele drängt in die Heimat.
Die Wolken bringen mir die Botschaft. Zwischen den
Steinmauern, errichtet über die Jahrhunderte, weiden die Schafe. Ruhe und
Gelassenheit tragen sie mit sich, zwischen sie, zu den Menschen. Dazwischen
verfallene Bauwerke. Aus Stein errichtet, bezogen, bewohnt und wieder
verlassen. Die Menschen ziehen weiter und die Gebäude bleiben. Langsam
verfallen sie, doch noch während sie verfallen, erblüht das Leben um sie, rankt
sich an ihnen empor und bringt das Verfallene zum Blühen. Die Natur bringt
alles zum Blühen, integriert das Tote in das Lebende und macht es wieder
wohnlich.
Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause
Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine
Seele drängt in die Heimat.
Die Wellen erzählen mir von dem Strand, den sie
entlangrollen, sich ins Land tragen lassend von der Flut und sich wieder
zurücktragen lassen von der Ebbe. Ein immerwährendes Kommen und Gehen. Und das
Wasser speist die Wellen, aber es ergießt sich auch über das Land, dringt in
die Erde ein und macht sie fruchtbar. Allenthalben grünt es. Es ist das Wasser,
das die Insel zum Blühen bringt und der Erde die schönsten Farben entlockt. Es
ist das Wasser, das sich in Bächen und Flüssen sammelt und das Land
durchschneidet, um es zu bereisen, in allen Winkeln, das Leben zu bringen oder
den Tod.
Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause.
Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine
Seele drängt in die Heimat.
Die Sonnenstrahlen tragen den Duft und den Atem des Landes
zu mir. Niemand sieht so viel wie sie, denn sie gießen ihr goldenes Licht aus,
über alles, was da lebt, ohne Ansehen. Einfach so. Für alles was da lebt haben
sie ein Lächeln. Nur manchmal, da verstecken sie sich hinter der Wolken. Und
die Natur lebt auf, neuerlich, wenn sie hinter den Wolken hervorbrechen,
herausbrechen. Sie erzählen mir vom Abend, vom Mittag und vom Morgen. Vom Spiel
und vom Lachen, wenn es ihnen gelingt den Regen zu verjagen und einen
Regenbogen an den Himmel zu malen.
Komm, flüstern sie mir zu, komm nach Hause.
Ich möchte ja, aber noch bin ich hier gebunden, doch meine
Seele drängt in die Heimat.
Doch eines Tages, da werde ich mich vom Wind treiben, von
den Wolken tragen, von den Wellen schaukeln und den Sonnenstrahlen leiten
lassen, um das Land zu erreichen, das meine Seele von ihrem Anbeginn an als
ihre Heimat wusste. So vieles wird erklärbar. So vieles einer Deutung
zugänglich, wenn man endlich den Ort gefunden hat, da die Seele Ruhe findet und
der Geist verweilen kann, einen Ort, der die Unruhe vertreibt und einen in
aller Selbstverständlichkeit aufnimmt, als wäre man niemals irgendwo anders
gewesen, nur dort, an dem Ort, an dem meine Seele Heimat findet.
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