14. Woher


Hand in Hand steigen sie hinauf, Du nicht nur mit den Lippen, sondern mit dem ganzen Wesen sprechend, Du seiend. Im Schein der vierzehn Kerzen nehmen sie Stufe um Stufe. „Ich möchte Dich kennen, erkennen.“, sagt sie unvermittelt. „Ich auch.“, gibt er zurück, „Ich möchte Dein Woher kennen.“ Und indem er dies sagt, finden sie einen Durchlass in der Wand, einen breiten Torbogen, breit genug, dass sie bequem, Hand in Hand durchgehen können, und dahinter finden sie einen Raum voller wohlbekannter, teils schon vergessen gewähnter Bilder, tauchen darin ein, im Schein der vierzehn Kerzen, Bilder ihrer Kindheit. „Warst Du ein glückliches Kind?“, fragt sie ihn unvermittelt. Er sinnt eine Weile nach, als müßte er die Worte genau abwägen, nicht zu viel zu sagen und nicht zu wenig. „Ich hatte meine Familie um mich, einen Ort, an dem ich mich zu Hause fühlte und gute Freunde.“, resümiert er schließlich, „Ja, ich denke, ich hatte eine glückliche Kindheit.“ „Ich sehe viel Sonne auf Deinen Bildern, Sonne und eine schöne Landschaft.“, fügt sie hinzu, „Es lädt ein es zu entdecken.“ „Du hast recht.“, bestätigt er, „Es wäre mir gar nicht aufgefallen, so selbstverständlich ist es mir. Ich sehe mehr, wenn Du mich mit Deinen Augen sehen läßt. Aber dafür erscheinen mir Deine Bilder düster.“ „Voll Einsamkeit und Trauer.“, führt sie aus, „Ja, das war es. Ich bin froh es hinter mir zu haben. Was bleibt ist der Hunger, unstillbarer Hunger, und die Sehnsucht.“ „Dann will ich Dich teilhaben lassen an meinen Bildern.“, bietet er an, und sie nimmt sein Angebot gerne an, und sie taucht mit ihn ein, in die Bilder seiner Kindheit, taucht mit ihm ein, um immer mehr, immer tiefer zu verstehen, und teilzuhaben an einem Glück, das sie nicht kannte, teilzuhaben an ihm und seinem Werden, teilzuhaben an einer Geschichte, die nicht die ihre ist, aber in die sie gehen darf, im Schein der vierzehn Kerzen.

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