„Lass uns weitergehen!“, fordert er
sie auf, die noch immer in die Bilder versunken ist, um so viel als möglich
mitzunehmen. „Nun, wenn Du mir versprichst, dass Du mir noch mehr erzählst von
Dir.“, wendet sie ein, und nachdem er ihr dieses Versprechen gegeben hat, läßt
sie sich ohne weiteren Widerstand zurück zur Treppe führen um sie weiter hinauf
zu gehen, im Schein der fünfzehn Kerzen. „Wo wir wohl stehen? Wer sind wir?“,
fragt sie gedankenverloren, und es öffnet sich ein Durchlass in der Mauer.
Wiederum betreten sie den dahinterliegenden Raum. Auch hier zieren Bilder die
Wände, Bilder vom Jetzt, aus seinem und ihrem Leben, wie es sich jetzt
darstellt. Und wenn sie auf die jeweils eigenen Bilder sehen, so erscheinen sie
ihnen wohlvertraut und heimelig, aber doch auch schal und leer, langweilig und
öde. Es fehlt der Glanz darin, was mehr als alles ist, und das kann auch der
Schein der fünfzehn Kerzen nicht ausgleichen. „Mein Leben ist, wie jedes
andere.“, sagt sie. „Nichts weiter, als eine scheins endlose, zusammenhanglose
Aneinanderreihung von Tagen.“, führt er ihren Gedanken weiter. „Könnte es denn
anders sein?“, fragt sie leise, beinahe so, als hätte sie Angst vor der
Antwort. „Ja, es könnte anders sein.“, sagt er so bestimmt und überzeugend, daß
sie weiterfragen muß: „Woher nimmst Du die Sicherheit, diese Gewißheit?“, und
sieht ihm unwillkürlich anzusehen, seine lächelnden Augen wiederzufinden, und
die Antwort. Sobald sie ihr Leben durch den Blick, durch das Mitgehen des
jeweils anderen sehen, erhält es einen Glanz, den es sonst nicht gehabt hatte,
einen Ausdruck, den sie im Miteinander fanden. „Ich werde, indem ich Dir
werde.“, bricht sie das Schweigen. „Ich bin, indem ich Du bin.“, setzt er fort.
„Und ich war, um reif zu werden für die Begegnung.“, schließt sie den Gedanken.
Im Schein der fünfzehn Kerzen finden sie zum Du, im Hier und Jetzt, kommen sie
ineinander an, Kraft, Glanz und Fülle schenkend, und was gerade noch schal und
leer, langweilig und öde anmutete, erwacht nun zur Lebendigkeit und Kraft. Wo
wir einander Du sind, da sind wir.
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