„Nur noch einen kleinen Moment will
ich hier bleiben, will ich bleiben.“, sagt er, denn die atmende Lebendigkeit
ist so unverhofft und neu, so ungekannt und schön, dass er meint einfach nur
hier stehenbleiben zu wollen, um nicht mehr enttäuscht zu werden, um nicht mehr
entzweit zu werden, um bloß noch das schwer Errungene festzuhalten, einander zu
halten. „Du weißt,“, wirft sie vorsichtig ein, „dass Festhalten und
Stehenbleiben Stagnation bedeuten, dass das Verharren in einem Zustand, und sei
er auch noch so schön, zur Austrocknung führt, und das Hier und Jetzt kann noch
nicht alles sein, kann lange noch nicht alles sein.“ Damit nimmt sie ihn an der
Hand, um ihn behutsam aber doch bestimmt aus dem Zimmer zu führen und mit ihm
die Treppen weiterzugehen, im Schein der sechzehn Kerzen, den Weg bis zum
nächsten Durchlass fortzusetzen, und wiederum finden sie Bilder an den Wänden,
Bilder, die leer sind, nichts weiter als eine weiße, unberührte Leinwand, und
statt eines Titels finden sie die Aufforderung: „Malt mich!“ Doch womit sollen
sie malen? Außer den leeren Leinwänden finden sie nichts, was zum Malen zu
gebrauchen wäre. „Wir waren doch jetzt“, beginnt er laut zu überlegen, „in
einem Raum für die Vergangenheit und einem für die Gegenwart. Welcher fehlt
jetzt noch?“ „Der für die Zukunft.“, antwortet sie spontan, „Und nachdem die
Zukunft offen ist, kann auf den Bildern auch noch nichts gemalt sein, und
sobald was darauf gemalt ist, sind sie schon wieder im falschen Zimmer. Wir
müssen sie malen. Aber es ist doch eigentlich herrlich zu sehen wie viele leere
Bilder es noch gibt, uns gibt.“ Einen kurzen Moment besinnt sie sich und stellt
fest, dass sie gesagt hatte, wir müssen sie malen, als wäre ein Gemeinsam, ein
Wir bereits fraglos gegeben. Sie spürt, wie sie versucht ihn zu vereinnahmen,
fraglos und mit aller Selbstverständlichkeit. Doch er nimmt sie an den Händen:
„Ich will mit Dir malen, will, dass wir malen, nicht alles und jedes, aber
gerade so viel, dass es uns guttut, gerade so viel wir uns selbst nicht zu
übersehen.“ „Das ist gut.“, antwortet sie unvermittelt, und schenkt ihm sein
Lächeln zurück, im Schein der sechzehn Kerzen.
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