Die Freiheit, die
ich meine ...
Nein, ich habe es mir nicht ausgesucht, wurde nicht gefragt,
ob ich das will, zu leben, so wie ich es mir dereinst nicht aussuche, nicht
gefragt werde, wenn ich es wieder lassen soll, das leben. Ungefragt, ungewollt
und unvermutet – so könnte ich es als Beweis der Willkür sehen, als eine
Belastung, die mir aufgebürdet wurde, die ich mit Verweigerung beantworte. Aber
wem schade ich damit? Wohl kaum dem, der mich nicht fragte, sondern nur mir
selbst. Jedem, der mir begegnet, stecke ich an mit meiner Verweigerung. So
besteht der erste Akt meiner Freiheit in der Zustimmung oder Ablehnung meiner
Selbst, in der Interpretation des Lebens als Bürde oder als Geschenk. Ich nehme
es als Geschenk. Ändert die Sichtweise denn irgendetwas? Die nackte Tatsache,
dass ich ins Leben gesetzt wurde, wird durch meine Sichtweise nicht abgeändert?
Die Tatsache nicht, aber meine Herangehensweise und den Umgang damit, den
Umgang mit dem Leben, mit mir und mit Dir. Ich nehme das Leben als Geschenk,
das Leben und jede einzelne wache, gelebte Nacht, jede einzelne wache, gelebte
Begegnung, wie diese Nacht. Du hast mich besucht, in dieser Nacht, hier auf
meinem Steg. Du hast mich besucht, und bist doch nicht angekommen, zunächst.
Was war es, was Dich zu mir trieb? Es war wohl die undeutliche Erinnerung an
einen Moment der Freiheit, den Du erleben durftest, dereinst. Ich sah, dass Du
neben mir gesessen bist, habe gehört, dass Du mit mir gesprochen hast, aber mit
den Gedanken, mit Deinem Kopf warst Du ganz weit weg, dort, wo Du aufgehört
hattest, obwohl Du noch nicht fertig warst: „Wenn Du da bist, dann lasse es Dir
zu da zu sein, und wenn Du gehen willst, dann geh, aber sei nicht da, und doch
weg. So kannst Du hier und dort nichts ausrichten.“, sagte ich Dir zu, nahm
Deine Hand, und ich spürte, wie Du leicht wurdest, meine Offenheit, in dem Du
Dich mir öffnetest. Es ist die Freiheit, die ich meine, mir Du sein zu wollen,
oder mich in die Reihe Deiner Erfahrungen einzugliedern. Es ist die Freiheit,
die ich meine, mich Dir und Dich mir zu erkennen, beim Namen zu nennen – und die
Begegnung als eine lebendige zu gestalten. Es ist die Freiheit, die ich meine
Dich zu empfangen, klar und ungeheuchelt. Geschenk oder Bürde – es ist die
Freiheit, die ich meine.
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