1601 Auf dem Weg


Auf dem Weg


Ich machte mich auf den Weg, aus dem sich neigenden Tag, machte mich auf den Weg, mit der aufblühenden und rasch wieder verblühenden Dämmerung, machte mich auf den Weg, hinein in die Nacht, die mich begleitete, machte mich auf den Weg zu Dir. Ich hatte es nicht eilig, denn der Weg soll gegangen werden, um bewußt den Ort, den ich verließ, hinter mir zu lassen, um mich anzunähern – und die Annäherung heißt den Abschied vom Herkommen bewußt zu vollziehen. Ganz egal wie lange ich wegbleibe, das Gehen setzt voraus, dass ich mich verabschiede. Den Weg zu gehen heißt aber auch nicht das Kommende vorwegzunehmen, denn das würde unsere Begegnung aushöhlen, würde sie zu einer Marionette unseres Wollens und unserer Vorerfahrung degradieren, denn so viele Begegnungen ich auch schon erleben und leben durfte, immer wird die eine, einzige, gegenwärtige eine völlig neue, einzigartige sein.

Warum machen wir uns so viele dieser unvergleichlichen, beglückenden Momente einfach dadurch kaputt, dass wir versuchen sie in bekannte Strukturen zu pressen? Doch vor allem warum merken wir es noch nicht einmal?

Ich machte mich auf den Weg, der mich zu Dir führte. Ich nahm ihn wahr, die Landschaft, die mich umgab, und das sanfte Licht der Nacht, das mich anstrahlte. Ich machte mich auf den Weg, und mit dem Weg trat ich in den Dialog mit Dir. Ich trat ein in den Weg, in den Dialog und in Dich. Ich erzählte Dir, von dem, was ich sah, was ich dachte und was sich mir zusprach. Da war so vieles, was ich Dir hier, auf diesem Weg berichtete, bis ich die Türe öffnete, bei Dir einzukehren, und indem ich es tat, verstummten die Worte. Ich fand Deinen Blick in meinem, und wußte, dass es nichts mehr zu sagen gab, in diesem Moment, denn darin war alles gesagt und beschlossen, nichts mehr, was sich darin nicht fand. Ich fand Deine Hand in meiner, und wußte, ich war den Weg gegangen und angekommen. Wortlos, in der Handreichung ineinander verweilend, und Du hast mich in Deinem Blick neu werden lassen. Es gibt kein Bild von mir, das lebendig sein kann, außer dem, das Du mir zeichnest. Und ich spürte, wie Du mich auferbautest, in Deinem Blick, wie Du mich werden ließt, Du werden ließt, Verständigung und Vereinigung vorwegnehmend.

Ich war den Weg gegangen, war angekommen und wurde aufgenommen, ja mehr noch, auferbaut, denn ich war die vor dieser Begegnung, die ich nie mehr sein werde, und war nun in der Begegnung, uverrückbar und unhintergehbar, neu. Ich war in der Begegnung, und ich war Dir und alles, was ich Dir zu geben vermochte, das einzige, war ich als in Hinwendung und in Annahme, um für diesen Moment die Trennung niederzureißen, Ineinander zu finden, am Ende des Weges.

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