Was bleibt
Ich begab mich in diese Nacht, in ihren Atem, der mir die
Haare zerzauste, in ihren Herzschlag, der mich an den Füßen kitzelte, in ihr
Licht, das mich erhellte und in ihren Duft, den ich mit geschlossenen Augen
einsog. So begrüßte ich diese Nacht, diese, wie jede andere, und es änderte
doch nichts an der Einzigartigkeit dieser einen, dieser Nacht. Ich begab mich
in diese eine, diese Nacht, und in Dich, da Du noch immer da warst, hier, bei
mir, auf meinem Steg, und doch war das Herz mir schwer.
„Ich hatte geträumt.“, sagte ich.
„Was hast Du geträumt? Was läßt es zu, dass Du Deine
spielerische Leichtigkeit verloren hast?“, fragtest Du.
„Ich hatte geträumt, ich wäre aufgewacht, erwacht in ein
ungreifbares, namenloses Irgendwann, doch nicht in meinem Bett, sondern hier in
der Wiese am Seeufer, doch da war keine Wiese mehr, bloß noch ein paar
verdorrte Grashalme da und dort, zwischen denen die nackte, ausgetrocknete Erde
blank dalag. Und da war auch kein Seeufer mehr, denn der See war ausgetrocknet,
ausgetrocknet und aufgefüllt mit riesigen Felsbrocken. Ich ging zur Weide, oder
besser, zu dem, was von ihr übrig war, und das war nicht mehr als ein
zersplitterter Stumpf. Ich wollte mich auf meinem Steg niederlassen, doch auch
dieser war zerborsten, ebenso wie die Burg. Da war kein Weg mehr und kein Steg.
Nichts war ganz geblieben, und aus irgendeinem Grund wusste ich, dass Du mit
untergegangen warst. Da war nur mehr ich, inmitten der Trostlosigkeit, die die
unbekannte Zerstörung hinterlassen hatte, nur mehr ich, heimatlos und völlig
vereinsamt.“, erzählte ich diesen Traum, der mir das Herz schwer werden ließ.
Wohl, es war noch alles da, alles wie immer, doch wie leicht könnte alles ganz
anders sein. Hineinfallen lassen, mit dem Blick umarmen, es ist gut, das Du da
bist, meine Wiese, meine Weide, mein Steg, mein See, meine Burg, Du, Du vor
allem. Festhalten, alles, ganz, ganz festhalten, denn so schnell könnte es
nicht mehr sein.
„Nur der Mond, der bleibt.“, sagte ich.
„Und das, was Du mitnimmst, in Dir. Du brauchst nichts von
all dem, was Dich umgibt, nicht die Wiese, nicht die Weide, nicht den Steg,
nicht die Burg, und auch nicht mich, so lange es Dir gelingt jeden einzelnen
Moment zu genießen, der Dich weiterbringt und befördert, der Dich auffordert
lebendig zu sein, der Dich sein läßt und Dich verbindet. Diese Momente brennen
sich ein. Vielleicht nicht als einzelne Bilder, aber als eine umfassende
Geschichte Deines Da-seins. Und wenn Du morgen erwachst, erwachst in diese
neue, alles umwälzende Situation, die nichts desto trotz nichts weiter ist als
eine hinzunehmende Gegebenheit, dann stehst Du auf und suchst Dir aufs Neue Aufnahme.
Was bleibt ist das Leben in Dir.
Und ich gab mich in Deinen Arm, diesen Moment zu leben.
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