Zwischen den Welten
Im Fließen des Chaos, im Zentrum des Ungeformten, wollen wir
einen neuen Anfgang als unseren setzen. Doch wo beginnen? Wo wollen wir unseren
ersten Fixpunkt setzen?
„Sprich, und es wird!“, sprachst Du Dich mir zu.
„Zu erst will ich den Steg, als Ort der Begegnung, als Ort,
an dem wir uns finden können, Nacht für Nacht, an dem wir uns wiederfinden,
wenn wir uns einmal verlieren sollten.“, sprach ich mich Dir zu.
„Als Ort, an dem wir anderen begegnen können, andere willkommen
heißen können, Nacht für Nacht.“, sprachst Du Dich mir zu.
„Als Ort, an dem wir zur Ruhe kommen können, als Du und ich,
in verbleibender Eigenständigkeit.“, sprach ich mich Dir zu, „aber auch als den
Anfang der Überbrückung zwischen Deiner und meiner Welt.“
„Warum lassen wir dann nicht anstelle des Steges eine Brücke
werden, die eine wirkliche Verbindung zwischen Deiner und meiner Welt bilden
könnte, einen Übergang und ein Ineinander?“, schlugst Du vor, und es wirkte
wohl wirklich wie ein kleiner Schlag.
„Du weißt, es kann und darf kein Ineinander geben. Meine
Welt muss geschützt sein, wie ein zeitloses Reservoir inmitten des
Unübersichtlichen und Unüberwindlichen. Wie viel kann meine Welt von außen
verkraften? Nicht mehr als die Besucher mit sich und ihren Geschichten
herantragen, und da habe ich jedes Mal einen Tag Zeit mich zu erholen. Es wirkt
wie kleine Tropfen Gift, die hereinsprühen, die Unruhe und Unausgeglichenheit,
die Hektik und Unzufriedenheit. Ich nehme
an und muss verarbeiten, neutralisieren, um für Dich da sein zu können.“, gab
ich zu bedenken.
Du hattest um die Unmöglichkeit des Ineinander gewußt, und
doch traf Dich das Gewortete, das
Ausgesprochene.
„Wir sollten keine Brücke werden lassen, nichts Festes,
Unverrückbares zwischen dem einen und dem anderen Ufer, als Symbol für Deine
und meine Welt, aber wir wollen einen Fährmann werden lassen, der die
Möglichkeit der Verbindung aufrecht erhält, zwischen dem Steg und dem anderen
Ufer des Sees, der ein Hin und Zurück ermöglicht, aber auch eine Barriere
bildet, der noch einmal hinterfragt, ob der, der die eine Welt verläßt und die
andere erreichen will, auch wirklich sicher ist ob er das will, denn eine
einmal gemachte Erfahrung ist unhintergehbar, ist nicht mehr rückgängig zu
machen. Manchmal muss man den Menschen vor seinem eigenen Wollen schützen.“,
bot ich an, nicht nur als Kompromiss, sondern als sichtbares, greifbares
Zeichen der Öffnung.
„Ein Fährmann mit Floss und Stab? Ja, wir lassen einen
Fährmann werden, der die Menschen durchschaut, und nur die übersetzt, die es
auch wirklich wollen.“, sprachst Du Dich mir zu, versöhnt und im Einklang, nun
wieder.
„Und ich möchte ein Fenster, das zwar keinen Einlass, aber
einen ersten Einblick gewährt, von Deiner in meine Welt.“, sprach ich mich Dir zu.
„Ja, so soll es werden.“, sprachst Du Dich mir zu.
In dem Moment wurde es, und wir fanden uns wieder, auf
unserem Steg am See, und am gegenüberliegenden Ufer nahmen wir den Fährmann
aus, in seinem langen Umhang, stehend, neben dem Floss, bereit den Ankommenden
überzusetzen, den langen Stab in der Hand. Auch das Fenster fand sich, dessen
Flügel nicht geschlossen, sondern nur leicht aneinandergelehnt waren, einluden
aufgestoßen zu werden, für diejenigen, die die unbenennbare Sehnsucht treibt,
wie Dich.
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