1002 Der See


Der See


Es kann nur einen Weg zum Miteinander geben, den direkten. Es kann nur ein Wollen zum Miteinander geben, das direkte. Und es kann nur eine Zeit des Miteinander geben, das Jetzt.

Wir saßen auf unserem Steg, immer noch umflossen, umweht vom Chaos, doch schon mit einem festen Anhalts-, Ankerpunkt, an dem wir zur Ruhe finden konnten, im Miteinander, im Hier und Jetzt. Wir hatten es werden lassen, indem wir es sprachen und dem Chaos entrissen, den Steg, den Fährmann und das Fenster, doch der Steg führte ins Nirgendwo und der Fährmann saß fest am anderen Ufer.

„Sprich, und es wird.“, sprachst Du Dich mir zu, abermals.
„Ich möchte natürlich einen See über den der Steg ragt, und den der Fährmann überqueren kann, in der Breite vom Anfang des Steges, bis an den Punktn, an dem der Fährmann sein Floss anlegt, an dem Ankommende ihn um die Überfahrt bitten, und in der Länge so, dass die Enden gerade noch zu erkennen sind. An den Ufern soll Schilf wachsen, in dem Vögel und andere kleine Tiere Heimat und Zuflucht finden. Seerosen sollen ab und an die Wasseroberfläche durchstoßen und die Einheitlichkeit druchbrechen.“, sprach ich Dir zu.
„Am Ufer soll das Wasser seicht sein, so dass man einige Schritte weit hineingehen kann ohne schwimmen zu müssen, doch dann soll der See tief werden, so dass es unmöglich ist den Grund auch nur zu erahnen.“, sprachst Du Dich mir zu.
„Der See also als Spielgelbild des Menschen, an seinem Äußeren leicht zu unterscheiden und wohl auch in dem, was er der Welt sehen läßt und offenbart, leicht zu durchschauen, doch in seiner Tiefe, in seinem Selbst-sein nicht abzuschätzen, ja nicht einmal erahnbar, oftmals nicht einmal für sich selbst.“, sprach ich mich Dir zu.
„Und er soll gespeist werden von einem kleinen Bach, der am Westufer in ihn mündet und die Grenze, den der See bildet, verlängert, aber nur so breit ist, dass man ihn mit einem gezielten Sprung überwinden kann, so dass es drei Wege gibt den Steg zu erreichen, das Floss des Fährmannes, die Umrundung über die Ostseite und die über die Westseite, einschließlich der Überquerung des Baches.“, sprachst Du Dich mir zu.
„Und er soll auch noch durch eine unterirdische Quelle gespeist werden. So gibt es einerseits einen offensichtlichen Zulauf, der den See mit neuem Wasser speist, der aber auch all den Unrat mit in den See bringt, der ihm auf seinem Weg angelastet wird, und andererseits einen versteckten Zulauf, der ihn mit lebendigem, unbelasteten, unberührten Wasser speist, von dem niemand zu sagen vermag woher es kommt und was es beinhaltet, und das doch die Einzigartigkeit ausmacht.“, sprach ich mich Dir zu.
„Ja, so soll es werden.“, sprachst Du Dich mir zu.

In dem Moment wurde es, und wir fanden uns nunmehr am Steg, am Ende des Steges, der am Ufer des Sees begann und so weit ragte, dass das Wasser so tief war, dass der Grund nicht einmal erahnbar war.

Ich nahm Dich an der Hand und zog Dich hinter mir her, hinein in das klare Wasser des Sees, in das reine Nass zu tauchen und uns umspülen, umschmeicheln zu lassen, anvertrauen und tragen, spielerisch und leicht bewegen, schwammen, bis wir das Ufer erreichten, an dem der Fährmann wartete, und an dem noch das Chaos floss.

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