Die Wiese
Das Chaos war im Fluss, immer noch im Fluss, rund um den
sicheren Hafen, den wir in unseren Worten werden ließen, unseren Steg am See,
der See, der Fährmann und das Fenster. Wir ließen uns umspülen, vom Wasser des
Sees, tauchten, schwammen, doch als wir das gegenüberliegende Ufer erreichten
war es die Grenze zu dem ihn umfließenden Chaos.
„Sprich, und es wird.“, sprachst Du mir zu, abermals.
„Ich möchte, dass der See umgeben ist von einer Wiese, mit
sattem, grünen Gras, umrahmt von Büschen, ausladend, wie verzaubert, unter
denen man sich verstecken kann, verkriechen, aber auch Geheimnisse erahnt und
interpretiert.“, sprach ich mich Dir zu.
„Und auf der Wiese, zwei Weiden, hohe, große Weiden, deren
Äste bis zum Boden reichen. Sie sollen gerade so weit voneinander entfernt
stehen, dass sie sich unabhängig von einander entwickeln und entfalten können,
und doch gerade so nahe, dass sich die Äste berühren, und es so aussieht, als
würden sie ein gemeinsames Dach bilden, wie wir, wenn wir die Köpfe
zusammenstecken.“, sprachst Du Dich mir zu.
„Verschwörerisch, geheimnisvoll, spielerisch – und die
belaubten Äste, die bis zum Boden reichen, bieten einen Unterschlupf, eine
lebendige Höhle, durch die der Glanz der Sterne trotzdem hindurchschimmern
kann, abschließend, und doch nicht verschließend, verbergend, und doch nicht
abgrenzend, mit dem Wind sich wiegend, mit der Stille ruhig werdend.“, sprach
ich mich Dir zu.
„Ich möchte das Ringelspiel auf dieser Wiese, möchte mich
drehen können, drehen, drehen, drehen, bis mir die Sinne schwinden, und ich
mich in das All-Ganze verliere.“, sprachst Du Dich mir zu.
„Dann möchte ich den schwarzen Stuhl auf der Wiese, als
festen Punkt, zum Ausruhen und Verweilen, zur Zeit auch zum Schweigen, den
Stuhl der klaren, ungetrübten Gedanken, gerichtet und gerade.“, sprach ich mich
Dir zu.
„Ja, so soll es werden.“, sprachst Du Dich mir zu.
In dem Moment wurde es, dem Fluss des Chaos abgerungen, war
die Wiese rund um den See, waren die Büsche, die die Wiese begrenzten, und doch
nicht absperrten, waren die Weiden, deren Äste so nahe zusammen standen, dass
sie einander berührten und ihre beiden Häupter wie ein einziges Dach wirkten,
war das Ringelspiel für den Rausch und der schwarze Stuhl für die Ruhe.
Ich nahm Deine Hand, und lief mit Dir über die Wiese, durch
die Äste der Weiden hindurch, die unsere nackten Körper sanft berührten,
sprangen über den Bach, der den See von der Westseite her speiste, umrundeten
den See, bis wir wieder dort anlangten, wo der Fährmann geduldig wartete,
ließen uns lachend ins Gras fallen. Der Wind hatte uns getrocknet, und die
Grashalme kitzelten auf der Haut. Arm in Arm lagen wir auf der Wiese, und
ließen unseren Blick schweifen, über all das, was in meiner neu gefügten Welt
schon geworden war, ließ meinen Blick in Deinen finden. Ich küsste Dich, musste
Dich einfach küssen, weil alles so wunderschön war, und weil wir darin im
Miteinander waren, weil das Glück nicht nur erahnbar, nicht nur erstrebenswert,
sondern schlicht und ergreifend da war
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