Der Weg
Der Zauber der Nacht hatte letztendlich, endlich den Deckel
entfernt, die Büchse der Pandora geöffnet, und heraus strömte der betörende,
berauschende Duft des Lebens, wahrhafte, verführerische Glücksgedanken, und da
sie nicht rechtzeitig geschlossen wurde, entwich auch der Bodensatz, die
beklemmende, kleinmachende Angst, oder war sie mit dem Leben geströmt, an
dieses gefesselt, das Leben umschlingend wie eine Kletterpflanze, die den Baum
umwächst, bis sie ihn erwürgt, wie ein Parasit, der sich festgefressen hat und
langsam alles aushöhlt.
Du hast sie ausgesprochen, letztendlich hast Du sie
ausgesprochen, Deine Angst, und mit dem Aussprechen war sie manifest geworden,
mit dem Aussprechen hast Du sie erstarken lassen. Mit einem Schlag war die
Melodie verklungen und das warme Licht des vollen Mondes schien zu verblassen.
Sie war da, und nicht mehr zu übersehen. Du hattest ihr Raum gegeben und sie
zwischen uns gestellt. Mir wurde kalt, unwillkürlich wurde mir kalt, so dass
ich mich noch fester an Dich schloss. Was hattest Du nur getan? Noch fester,
noch näher zu Dir, Deine Haut zu überwinden, mich unter Deine Haut zu graben,
einzugraben in Dein Fleisch, bis zur Mitte, zum innersten Inneren. Vielleicht
war ja auch ich der Parasit, in Dich gehackt? Vielleicht sollte es nicht Deine
Angst sein mich nicht mehr zu sehen, sondern eher die mich zu sehen. Ich war
mit einem Mal völlig konfus, abgestürzt, von einem Moment zum anderen,
gnadenlos abgestürzt, aus dem vollen Flug der Euphorie, des Überschwang und der
sinnlichen Leichtigkeit, und der Boden ist hart, sehr hart.
„Eine Weile, eine lange oder kurze, wer weiß das schon,
werden wir miteinander gehen, und das Hand in Hand, bis wir die Hand des
anderen verlieren, einander entgleiten, aber bis dahin will ich Deine Hand so
halten wie ich Dich halte, Dein Bei-mir-sein genießen, Dich in mich einsaugen,
Dich trinken, bis zum letzten, bitteren Schluck, bis dahin wird es ein Wir
geben, und das Ineinander im Wir.“, sprach ich mich Dir zu, scheuchte Deine
Angst zurück in ihre Büchse, setzte sorgfältig, den Deckel auf, und warf sie in
den See, versenkte sie an dessen tiefester Stelle, so dass sie nie wieder zum
Vorschein käme, uns nie wieder etwas anhaben könnte.
„Sprich, und es wird.“, sprachst Du Dich mir zu. „Ich will
einen Weg, der von der Stelle, an der der Fährmann wartet, bis zur Burg führt,
am Hügel dort vorne, so dass wir die Burg erreichen und uns zurückziehen
können.“, sprach ich mich Dir zu.
In dem Moment wurde er, der Weg zur Burg, und die Burg als
Rückzugsort, dem Fließen des Chaos entrissen war es, und wir gingen ihn, diesen
neuen Weg, hinauf zur Burg, um uns darin zurück zu ziehen, eine kleine Weile
nur, nur Du und ich, zurück zu ziehen, ins Ineinander des Wir.
Und der Wind sang weiter seine sanfte Melodie.
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