2903 Maria von Nazareth (Teil 2)


Joseph – Maria von Nazareth (Teil 2) 2903


Es gibt Entscheidungen im Leben, die können in einem Miteinander getroffen werden. Aber daneben gibt es Entscheidungen, die muss ich für mich alleine treffen, und das habe ich getan, in jener Nacht, in der Gabriel, der Bote Gottes, an mein Lager trat.

„Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort.“, hatte ich ihm gesagt um mich darin verschrieben und zugesagt.

„Bis zur Unausweichlichkeit und weit darüber hinaus.“, habe ich zu Joseph, meinem Verlobten, gesagt, als ich ihm von dieser Begebenheit erzählt hatte. War waren einander versprochen, denn in einen gut funktionierenden Handwerksbetrieb gehört eine Frau. Et war ein guter Mann, mein Joseph, und ich war ihm herzlich zugetan, so wie er mir. Alles ging seine Wege, geradlinig und eindeutig. Doch das, was ich in dieser Nacht für mich, mit mir entschieden hatte, das machte wohl einen kleinen Bogen in seine Geradlinigkeit und Eindeutigkeit.

„Du hast das also einfach so entschieden, und damit unser ganzes Leben über den Haufen geworfen, einfach so.“, sagte er.
„Nein, dich habe für mich entschieden, und damit nicht unser Leben über den Haufen geworfen, sondern meinem Leben eine Richtung und Zielsetzung gegeben oder angenommen, die eben gestern noch nicht da war.“, entgegnete ich, und musste wohl ein wenig lächeln, aber schließlich war er herzensgut und ein Mann, benötigte ein wenig länger um zu verstehen.
„Aber was sollen die Leute denken?“, fragte er, und eine große Sorge stand in sein Gesicht geschrieben.
„Was sollen sie sagen? Sie werden mich fragen, ich werde es ihnen erzählen und dann wissen sie was sie zu sagen haben.“, entgegnete ich überzeugt.
„Und die, die Dich nicht fragen?“, fragte er weiter, und endlich verstand ich, dass seine Sorge seinem guten Ruf galt.
„Die werden auch nichts sagen können.“, entgegnete ich, nach wie vor ungerührt.
„Sie werden trotzdem reden, und sie werden von Dir behaupten, dass Du eine ... dass Du eine ... Na so eine halt bist, und das willst Du doch nicht.“, sagte er, immer nervöser werdend.
„Nun, dann lass sie, denn die Menschen, die mich lieben, die werden wissen, dass es so ist wie ich sage.“, entgegnete ich.

Er schwieg, sehr, sehr lange.

„Du weißt es doch?“, fragte ich nach, nun doch der Skepsis Raum gebend.

Er schwieg, und sein Schweigen sagte alles, alles über den großen Stellenwert, den die Meinung der Anderen, auch derer, die nicht wussten worum es ging, in seinem Leben einnahm, sagte alles über seine Furcht, die er vor einer schlechten Nachrede hatte, die seiner Reputation schaden könnte, sage alles über seine angebliche Liebe zu mir, die er dem Wohlwollen der anderen unterordnete, sagte alles über seine Kleingläubigkeit und seine Unterwürfigkeit, sagte alles über seine Standhaftigkeit und Aufrichtigkeit, sagte alles über seinen Charakter.

„ ‚Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort.’, habe ich dem Boten Gottes zugesagt. Das ist mein Wort, meine Entscheidung. Möchtest Du diesen Weg mit mir gehen, dann gehe ich gerne mit Dir, und wenn Du es nicht kannst, dann werde ich mich in Güte von Dir trennen, doch ich, ich weiß was ich zu tun habe. Ich bin eine Frau, die den Weg kennt. Finde ihn für Dich.“, sagte ich, denn ich fühlte mich mitten unter allen anderen Frauen, stark und sicher und aufgehoben.

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