Vorgeschichte
„Weißt Du eigentlich wie es im Himmel, in der Glückseligkeit
aussieht?“, fragte ich Dich unvermittelt, und es muss eine erschreckende Frage
gewesen sein, denn Dir ist im selben Moment Dein Buch aus der Hand gefallen.
„Natürlich nicht. Das weiß niemand, denn selbst wenn es diesen Himmel gibt, so
kann doch niemand darüber Auskunft geben wie es dort aussieht, denn wer einmal
dort ist, kehrt nicht mehr wieder.“, antwortetest Du. „Du bist immer von solch
einer bestechenden Logik beseelt, da kann ich doch nur den Hut davor ziehen.
Dennoch, gegen meine Erzählungen kommt sie nicht an.“, erwiderte ich launig,
„Ich kann es mir nämlich ganz genau vorstellen.“ „Und was stellst Du Dir da so
vor?“, fragtest Du mit skeptisch zusammengekniffenen Augenbrauen. „Natürlich,
es ist nicht zwingend so.“, lenkte ich ein, „Aber Du wirst sehen, es ist eine
durchaus ansprechende Vorstellung und wohl auch wünschenswert.“ „Dann erzähl
doch schon endlich.“, entgegnetest Du. Also hatte ich es endlich geschafft
Deine Neugierde zu wecken. Verschmitzt lächelte ich Dich an. Natürlich, allzu
lange durfte ich das nicht machen, kannte ich Deine Ungeduld und Unruhe nur
allzu genau. „Nun gut, hier meine Erzählung.“, begann ich nun doch meine
Gedanken vor Dir auszubreiten, „Wie wir alle wissen, hat Gott die Welt, genauer
den Raum und die Zeit erschaffen.“ „Ja, wenn Du so willst, gehen wir einmal
davon aus, als eine Prämisse.“ „Gut, wenn Du es so sehen willst, soll es mir
recht sein, schließlich will ich eine Geschichte erzählen und keinen
theologischen Diskurs vom Zaun brechen. Also, zurück zur Geschichte: Mit der
Welt, dem Raum und der Zeit hat Gott allerdings auch gleich den Himmel
geschaffen, also einen Ort, an dem die Menschen nach ihrem Tod hinkommen und
bleiben, zumindest für eine gewisse Zeit lang, denn schließlich wusste Er ja
wie begrenzt ein solches Menschenleben ist, und irgendwie gefiel Ihm der
Gedanke nicht so recht, dass der Mensch, der ja Sein Geschöpf ist, einfach so
verschwindet, und um ihn, den Menschen, doch noch irgendwo unterzubringen, hat
Er diesen Ort geschaffen.“, setzte ich fort. „Das ist ja alles recht nett.“,
entgegnetest Du, „Aber Du wolltest mir doch erzählen wie es dort aussieht.“
„Mach ich auch, aber Du kannst das Treiben dort nicht verstehen, wenn Du um
diese Umstände nichts weißt.“, warf ich ein. „Gut, aber jetzt sag endlich wie
es dort aussieht.“, entfuhr es Dir voller Ungeduld. „Genau so wie bei uns.“,
sagte ich lapidar, „Bloß, dass die Menschen dort nicht mehr der Sklave ihres
Stoffwechsels sind, und vor allem auch nicht mehr atmen und schlafen müssen.“
„Das ist alles? Was soll daran neu sein? Eine leiblose Seele hat natürlich
keine körperlichen Funktionen.“, fragtest Du, und warst nun ein klein wenig
gereizt. „Siehst Du, und genau darin besteht der erste Irrtum. Wir kommen dort
in unserer ganzen Körperlichkeit an, und nicht bloß als leiblose Seelen. In
dieser Welt, oder genauer, in diesem Himmel kommen alle an, wie sie zum
Zeitpunkt ihres Todes waren.“, erklärte ich. „Also wenn ich zerstückelt werde,
komme ich in Einzelteilen an?“, fragtest Du spöttisch. „Nein, da wirst Du
vorher zusammengesetzt. Gott ist ja nicht der Papst.“, sagte ich sinnend, „Und
jetzt erzähle ich Dir von einer Ankunft.“
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