Einfach so!
Der volle, satte Mond spiegelte sich im Wasser, als Du mir
kamst, in dieser Nacht. Ich beobachtete, am Steg sitzend, Dein
Auf-mich-Zukommen. Dein Gang war unsicher, schwankend. Natürlich, es war alles
neu für Dich, doch es war nicht nur die unbekannte Umgebung, die Deine Unsicherheit
bewirkte, sondern eine bange, noch ungestellte Frage. Langsam und vorsichtig
kamst Du näher, Schritt für Schritt, um nicht zu stolpern und mich dennoch
nicht aus den Augen zu lassen. Endlich betratst Du den Steg und hieltst inne,
bloß ein paar Schritte von mir entfernt, nahe genug um mich zu hören, weit
genug um Dich sicher zu fühlen.
„Hallo! Ich freue mich, dass Du hier bist!“, sprach ich mich
Dir zu.
„Warum freust Du Dich, dass ich hier bin? Du kennst mich
doch gar nicht!“, fragtest Du irritiert.
„Nein, ich kenne Dich nicht, so wie Du mich nicht kennst.
Aber da Du gekommen bist, gibst Du uns die Möglichkeit einander kennen zu
lernen.“, sprach ich mich Dir zu.
„Doch, ich kenne Dich, aus Deinen Geschichten, vielen,
vielen Geschichten, und deshalb bin ich überhaupt bekommen. Aber Du, Du weißt
doch wirklich überhaupt nichts von mir, gar nichts. Und dann darfst Du das
nicht, einfach so sagen, ich freue mich, dass Du hier bist! Was ist, wenn ich
ein ganz schrecklicher Mensch bin? Was ist, wenn Du mich überhaupt nicht leiden
kannst?“, fragtest Du leise, aber umso eindringlicher.
„Dann gib mir doch wenigstens die Chance es herauszufinden,
gib uns die Chance. Setz Dich zu mir!“, sprach ich mich Dir zu und streckte Dir
meine Hand entgegen, doch Du bliebst, unsicher, schwankend.
„Warum tust Du das? Warum tust Du das mit mir? Warum tust Du
mir das an?“, fragtest Du weiter.
„Wäre es Dir lieber, ich würde Dich wegschicken? Bist Du
gekommen um von mir weggeschickt zu werden? Bist Du gekommen um eine
Bestätigung zu bekommen, dass Dich jeder ablehnt, letztendlich?“, entgegnete
ich.
„Vielleicht, denn das kann einfach nicht sein, und wenn Du
es jetzt nicht tust, dann wirst Du es ganz bestimmt später tun.“, bliebst Du
stur.
„Das kann sein, aber es kann auch sein, dass ich mich nach
Dir sehne, wenn ich Dich kenne. Es kann auch sein, dass Du von mir weg willst,
wenn Du mich wirklich kennst und nicht nur die, aus den Geschichten. Das kann
sein, aber es kann auch sein, dass Du Dich nach mir sehnst, wenn Du mich kennst.
Das alles kann sein, und noch tausend andere Dinge. Wir können also hier
bleiben und uns sämtliche Szenarien ausmalen, die denkbar sind oder wir können
aufeinander zugehen und sehen was wirklich passiert.“, sprach ich mich Dir zu
und stand auf um Dir entgegenzugehen.
„Nein, so geht das nicht!“, entfuhr es Dir unwillkürlich und
gleichzeitig tratst Du einen Schritt zurück.
„Was geht wie nicht?“, fragte ich irritiert und blieb
stehen, denn ich hatte die Befürchtung, Du würdest weggehen, weggehen bevor wir
überhaupt eine Chance gehabt hätten. Du wirktest wie ein verängstigtes Reh,
unsicher, schwankend.
„In meiner Welt, da müssen wir uns erst misstrauisch
beäugen, argwöhnisch und achtsam, bevor wir aufeinander zugehen.“, sagtest Du,
und es wurde mir kalt bei Deinen Worten.
„Aber wir sind nicht in Deiner, sondern in meiner Welt, und
da geht das, einfach so.“, sagte ich lapidar.
„Und was tun wir jetzt?“, fragtest Du, und ließt es nun doch
zu, dass ich zu Dir ging.
„Hallo! Ich freu mich, dass Du da bist, einfach so und ohne Wenn
und Aber.“, sagte ich.
„Dass das geht, einfach so!“, entgegnetest Du
kopfschüttelnd, doch die Unsicherheit und das Schwanken waren gewichen, als Du
Dich nun doch zu mir setztest.
„Hallo! Ich bin froh, dass ich da bin.“, sagtest Du leise,
aber doch vernehmlich, einfach so.
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