3005 Was, wenn es das letzte Mal wäre ...


Was, wenn es das letzte Mal wäre ...


Endlich bist Du eingeschlafen! Endlich ist Ruhe eingekehrt!

Ich weiß noch nicht einmal mehr wirklich was der Auslöser war. Möglich, dass da auch nichts war, bloß diese Kleinigkeit, die sich aufschaukelte, Aufhänger und Rechtfertigung für all die Bösartigkeiten, die wir uns ungeordnet und wohl auch teilweise unmotiviert an den Kopf warfen. Verletzungen, Mißverständnisse, Versäumnisse, ausgegraben aus längst vergangen Zeiten, wieder erlebt, wieder durchlitten und neu zum Vorwurf gemacht. Immer wieder durchgekaut, zäh wie Kaugummi, unangreifbar wie Watte. Doch.

Endlich bist Du eingeschlafen! Endlich ist Ruhe eingekehrt!

Es hätte ein schöner Abend werden können, so ein schöner Abend, wenn Du nicht wieder angefangen hättest. Immer und immer wieder dieselbe Leider. Oder war ich es? Du weißt genau, dass ich nicht perfekt bin. Bist Du es denn? Du hast es von Anfang an gewusst. Schließlich habe ich niemals einen Hehl gemacht aus meinen Schwächen. Ja, vielleicht ein wenig abgeschwächt. Ja, vielleicht ein wenig geschönt. Wer tut das denn nicht? Wer sieht sich schon selbst restlos ehrlich? Doch wenn Du es sagst, diese Schwächen benennst, dann klingt das so ganz anders, viel härter und unbarmherziger. Und es hätte so ein schöner, gemeinsamer Abend werden können. Ich hätte doch nur über diese eine, kleine Bemerkung, von der ich noch nicht einmal mehr weiß, was es eigentlich war, hinweggehen können. Oder hätte ich das tun sollen? Vertane Zeit, vertanes Leben. Doch.

Endlich bist Du eingeschlafen! Endlich ist Ruhe eingekehrt!

Die Wut und der Ärger sind abgeflaut und haben sich verabschiedet. Da bleibt nichts mehr außer der Trauer vielleicht über die vertane Möglichkeit. Ich hätte doch nichts weiter tun müssen als einen kleinen Schritt über meinen Schatten zu tun, um wieder zu Dir zu kommen, doch statt dessen bin ich eher noch einen Schritt zurückgetreten, so dass der Schatten der verletzten Eitelkeit noch größer, noch aufgeblähter wurde, immer größer, bis er alles überragte und unter sich begrub. Nichts weiter als ein kleiner Schritt, und nicht einmal diesem habe ich zu setzen vermocht. Hast Du mir die Hand entgegengestreckt, so habe ich es nicht bemerkt, und hätte ich es bmerkt, so hätte ich höchstens draufgeschlagen. Doch.

Endlich bist Du eingeschlafen! Endlich ist Ruhe eingekehrt!

Ich sehe Dich an. Du siehst so friedlich aus, wenn Du schläfst, und es tut mir so unendlich leid, alles was ich tat und was ich nicht tat. Ich möchte Dich bei der Hand nehmen, möchte Dich und mich um Verzeihung bitten. Morgen, ja, morgen würde ich alles besser machen, morgen würde mir so etwas nicht mehr passieren. Ja, morgen gibt es eine neue Chance, und ich werde sie nutzen. Du wirst sehen, alles wird gut werden. Sobald Du erwachst werde ich mit Dir über all das reden. Doch.

Was, wenn es das letzte Mal wäre ...

Was ist, wenn Du nicht mehr aufwachst? Was ist, wenn Du mir gar keine Gelegenheit mehr gibst mich zu bewähren? Ein schrecklicher Gedanke. Es könnte gewesen sein – ich muss Dich wecken, jetzt, sofort. Ich rüttlie Dich. Schlaftrunken siehst Du mich an. Stotternd versuche ich zu erklären, versuche ich mich Dir anzunähern, doch mit einem Handstreich wischt Du all meine Gedanken und Worte weg, nimmst mich in den Arm und an. „Es ist gut. Es wird gut.“, sagst Du mir, nichts weiter. Doch.

Endlich sind wir eingeschlafen! Endlich ist Ruhe eingekehrt!

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