2407 Warum hast Du mich eigentlich geheiratet?


Warum hast Du mich eigentlich geheiratet? 


Sie saßen nebeneinander auf der Couch, an diesem Abend. Er sah fern. Sie las ein Buch. Alles war wie immer, ruhig und spannungslos.

„Warum hast Du mich eigentlich geheiratet?“, fragte sie ihn plötzlich und ohne jede Vorwarnung.
„Warum nicht?“, fragte er seinerseits, und weil ihm so schnell nichts Besseres einfiel.
„Nein, ich meine es ernst. Wir kannten uns bereits einige Zeit, Du weißt, als wir uns entschlossen zu heiraten. Aber ich zerbreche mir jetzt schon seit Längerem den Kopf darüber wie es eigentlich zu dieser Entscheidung kommen konnte. Die ist ja schließlich nicht vom Himmel gefallen oder aus Jux und Tollerei passiert, weil uns gerade mal fad war. Wir müssen uns doch irgendetwas dabei gedacht haben“, fuhr sie fort, und ihm war schlagartig klar geworden, dass sie wirklich ernsthaft mit ihm darüber reden wollte.
„Warum ist das gerade jetzt so wichtig? Tatsache ist, dass wir nun mal verheiratet sind. Warum also über etwas nachdenken was sowieso nichts mehr ändert!“, versuchte er dennoch auszuweichen.
„Ich weiß schon, dass es so ist, aber dennoch könnte es viel ändern, wenn ich das Warum verstehe“, blieb sie hartnäckig beim Thema, und da begann er dann doch noch ernsthaft nachzudenken, nicht ohne ein wenig Wehmut, denn das Fußballspiel im Fernsehen lief völlig ungeniert weiter.
„Vielleicht, weil es dazu gehört?“, fragte er vorsichtig.
„Das wäre mir nicht genug gewesen“, sagte sie ernsthaft.
„Weil wir uns liebten und gedachten dies beizubehalten?“, versuchte er sich nochmals an einer möglichen Erklärung.
„Beizubehalten uns zu lieben hätten wir auch können ohne zu heiraten“, entgegnete sie postwendend.
„Um klar zu deklarieren, dass wir gewillt sind unser restliches Leben miteinander zu verbringen, vor Gott und der Welt?“, startete er einen erneuten Versuch.
„Vor Gott und der Welt? Brauchten wir Gott und die Welt um uns unseres Versprechens zu entsinnen respetive um an unser Versprechen gemahnt werden zu können?“, fragte sie weiter.
„Wieso fragst Du mich das eigentlich? Warum meinst Du denn, dass wir geheiratet haben?“, gab er nun die Frage zurück.
„Das ist es ja gerade, ich weiß es nicht mehr. Aber ich würde es so gerne wieder wissen. Ich suche verzweifelt, aber ich finde beim besten Willen die nicht mehr wieder, die ich damals war und die damals so für mich entschied. Es ist mir fast so, als hätte ich für mich entschieden ohne mich gefragt zu haben!“, sagte sie ruhig.
„Was soll das heißen? Willst Du nicht mehr mit mir verheiratet sein? Bitte, das lässt sich ändern. Du brauchst es nur zu sagen!“, brauste er auf, möglicherweise ohne wirklich zu überdenken was er da von sich gab.
„Ich habe keine Gründe es beizubehalten, aber genauso wenig Gründe es nicht beizubehalten“, gab sie entschlossen zurück.
„Und was bedeutet das jetzt für uns, für unsere Ehe?“, fragte er, nun endgültig völlig verwirrt. Und plötzlich interessierte ihn auch das Fußballspiel nicht mehr. Schade.

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