Fährmann (3)
Fährmann, setz
mich über
Stoß Deinen
Stab durch das schwarze Wasser in die warme Erde.
Ich gehe
Ich atme
Ich lebe
Fährmann, setz
mich über
Führe den Stab
mit Deinen starken Armen und treibe den Nachen voran.
Ich stehe
Ich sehe
Ich bin
Fährmann, setz
mich über
Bring mich an
den Ort, von dem sich meine Sehnsucht erfüllt
Ich laufe
Ich sehne
Ich werde
Fährmann, setz
mich über
Ich lege
an, bedächtig, verrichte meine Arbeit so wie sie sein soll, nicht abgetrieben
zu werden von den Unvorhersehbarkeiten des nassen Elements, dass Du den Nachen
sicher betreten kannst, sicher und trocken. Was nützt die Ungeduld? Was nützt
die Eile? So viele habe ich übergesetzt in all der Zeit. Ich habe sie
beobachtet, ihre Ungeduld, ihre Unstetigkeit. Komm setz mich über – Nein, ich
will doch nicht – Bring mich wieder zurück. Hier, auf dem Floss, hier kannst Du
nicht aus, kannst Dich nicht bewegen ohne uns der Gefahr auszusetzen, dass wir
schwanken, dass wir kippen, dass wir in den Wellen verloren gehen, dass wir
nirgendwo mehr anlegen, dass wir abgetrieben werden. Handle mit Bedacht! Steh
still! Ich weiß, es fällt Dir schwer. Dort, am anderen Ufer, wo Du erwartet
wirst, dort meinst Du, wird Deine Seele Frieden finden, meinst Du, endlich
stillhalten und bleiben zu können. Doch kannst Du es wirklich? Nimmst Du die
Unrast und die Eile nicht mit in diese Begegnung, verschonst auch sie nicht vor
dem Treiben in Dir. Nichts anderes hast Du gelernt. Nichts anderes hast Du
gesehen. Doch jetzt, jetzt halte still. Kannst Du es? Kannst Du es, ohne zu
ermüden? Es ist gut, dass ich Dich übersetze, gut, dass Du unbeweglich bleiben
musst. Siehst Du, welche Mühe es Dir doch bereitet! Unentwegt spähst Du aus,
wie Du es immer tust, nach dem Ende der Reise, nach dem nächsten, was Du tun
wirst, nach dem Morgen. Übe Dich in Geduld und im Frieden. Lass es nicht zu,
dass das Vorwärtstreiben Dich ganz und gar in Anspruch nimmt.
Du
gehst, und wenn Du gehst, dann erkennst Du, gar noch die kleinen Blumen am
Wegesrand, die keck und bunt ihre kleinen Köpfchen durch das Gras
herausstrecken.
Doch es
geht Dir zu langsam.
Du
willst den Weg nicht, Du willst das Ankommen.
Du gehst
schneller, dann erkennst Du nur mehr die Wiese als ein einziges Grün, doch ja,
auch noch die Bäume.
Doch es
geht Dir zu langsam.
Du
willst den Weg nicht, Du willst das Ankommen.
Du
beginnst zu laufen, dann erkennst Du nur mehr die Landschaft in ihrer
Gesamtheit, und den Himmel über Dir, doch die kleinen, entdeckenswerten Dinge,
die Dich umgeben, die siehst Du nicht mehr.
Doch es
geht Dir zu langsam.
Du
willst den Weg nicht, Du willst das Ankommen.
Du
bedienst Dich eines motorisierten Vehikels, und die Landschaft fliegt nur noch
so an Dir vorbei. Nichts mehr erkennst Du, siehst nur noch den Art, an dem Du
ankommen möchtest.
Doch wer
den Weg nicht geht, wer den Hingang, das Werden nicht lebt und sich darauf
einlässt, der kann auch nicht ankommen.
Fass
Dich in Geduld, halte still und lass Dich ein auf einen Weg, der eine Ankunft
kennt.
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