3010 Der Kreis des Lebens


Der Kreis des Lebens


"Ich laufe", sagst Du.
"Wohin oder wovon?", frage ich.
"Ohne bestimmtes Ziel, außer dem wieder zurück zu kommen. Ausgehen um wieder zurück zu kommen, so wie ich ausging um zu Dir und zu mir zu kommen, so entdecke ich mir die Welt, und sei es nur der nahe Wald, das weite Feld, und der eine Stern, den ich mit Deinem Namen verbinde, ausgehen um wieder zu kommen. Und ich laufe vor den Gedanken davon, wenn sie anfangen sich innerhalb des Bewohnten immer wieder im Kreis zu drehen, und komme zurück, mit neuen Bildern und Eindrücken", antworte ich entsprechend.
"Ist das nicht auch langweilig, so auf die Dauer, wegzulaufen, wovor auch immer, um erst wieder dort zu landen wovon man ausgegangen ist, im Endeffekt nichts zu erreichen und nichts zu verlassen", fahre ich kopfschüttelnd fort.
"Ich laufe. Im Herbst fallen die Blätter und ich laufe darüber, über die selben Blätter, die ich im Frühjahr knospen sah, in der erstarkenden Wärme der Frühjahrssonne, die ich wachsen und sich entfalten sah, deren Grün im Sommer saftiger wurde und sich im Herbst färbten, leuchtend rot und gelb, um wieder abzufallen, der Erde, der sie entsprossen wieder nahe zu sein, bis sich der Schnee darüberdeckt, eindeckt und versteckt, und wenn der Schnee schmilzt haben sie sich verwandelt, Nahrung für die nächste Generation an Blättern. So bin ich mitten im Kreis des Lebens", führst Du aus.
"Und doch ist es immer das Gleiche, immer und immer wieder", entgegne ich.
"Immer das Gleiche, und doch immer aufs Neue faszinierend, so wie ein Tropfen ausreicht um einen breiten Strom zu bilden, irgendwann. Immer beginnt es mit einem kleinen Tropfen. Er macht sich auf den Weg. Ein weiterer sieht ihn und nimmt die Einladung an mit ihm zu gehen. Sie schließen sich zusammen, immer mehr und mehr, ganz nah, ganz eng, ununterscheidbar, springen dahin, voller Kraft und Lebensfreude, voller Begeisterung die Botschaft des Miteinander zu vermitteln - und vom Kreis des Lebens", entgegnest Du.
"So wie Du immer wieder zu mir kommst", sage ich sinnend.
"So wie ich mich immer wieder zu Dir und in Dich begebe, in das Wohlbekannte und doch immer Neue des Miteinander", setzt Du hinzu.
"Unterworfen dem Kreislauf des Lebens", sage ich.
"Eingebettet in den Kreislauf des Lebens", sagst Du.
"Gezwungen zum ewig Gleichen", sage ich.
"Geborgen in Verläßlichkeit", sagst Du
"Verwoben und verstrickt", sage ich.
"Und ich laufe", sage ich.
"Lauf, so lange Dich der Weg zu mir führt", sage ich.
"Dem Kreis des Lebens folgend", schließe ich.

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