Getane und unterlassene
Sünden (3)
Es war eine Nacht, die nichts mehr für mich bereithielt. Das
Gespräch zermürbte mich.
„Ich werde nicht unterschreiben, denn ich habe die Männer weder
ignoriert noch diskreditiert. Du darfst von mir aus gehen“, sagte ich
entschieden, aber er ließ nicht locker.
„Wenn Sie sich diesen Schriftsatz ansehen, werden Sie feststellen,
dass darin alle Stellen Ihrer Geschichten, wie Sie es nennen, angeführt sind,
in denen Männer nicht vorkommen oder in einer Weise, in der man schließen kann,
dass Sie sie diskreditieren“, meinte er und wachelte wieder mit seiner Mappe.
„Die Stellen, in denen sie nicht vorkommen. Dann habt ihr wohl
fast alle meiner Geschichten nicht nur herausgenommen, sondern gelesen. Finde
ich schön. So eifrige Leser. Aber ja, Männer kommen nicht vor, weil sie keine
Rolle spielen, hier auf meinem Steg. Ich spreche eine Einladung aus, und wer
mag kann ihr folgen. Ich schließe niemanden aus und nenne niemanden namentlich,
doch sie kommen nicht die Männer. Es sind immer nur Frauen, die mich auf meinem
Steg besuchen kommen und deshalb kommen auch nur sie in meinen Geschichten
vor“, entgegnete ich wahrheitsgemäß.
„Das ist es ja gerade. Die Männer wagen es nicht herzukommen, weil
Sie sie nicht dezidiert einladen. Mit Männern muss man nun mal deutlich reden,
sonst verstehen sie es nicht“, versuchte er zu erklären.
„Alle Männer? Sie verstehen nicht? Alle Männer sind so?“, fragte
ich interessiert.
„Ha, Sie sagen es schon wieder, alle Männer. Jetzt habe ich den
Beweis. Das ist so etwas wie ein Schuldeingeständnis“, rief er triumphierend
aus.
„Nein, Du hast es gesagt. Ich meinte, dass die Sonne in der Früh
auf- und am Abend untergeht, und Männer sind so, weil Du es sagtest“,
entgegnete ich entsprechend.
„Aber Männer sind auch anders“, merkte er an.
„Ja, auch, und im so ist das anders impliziert, aber das hörst Du
nur, wenn Dein Denken weit genug ist“, sagte ich schlicht.
„Das ist alles wirklich sehr unpräzise. Aber wie auch immer,
könnten Sie nicht einfach unterschreiben, dass ich hier endlich wegkomme?“,
begann er nun zu bitten.
„Ich male Dir ein Blümchen. Das Angebot steht“, sagte ich trocken.
„Nun gut, dann wird wohl keine andere Wahl bleiben als vor Gericht
zu gehen, und glauben Sie mir, wir werden das durchziehen, und wenn es sein
muss, bis zum Obersten Gerichtshof gehen. Wir haben Zeit und die finanziellen
Mittel. Aber Sie nicht, und Sie werden alles verlieren, die Burg, den See, den
Steg, einfach alles, und was ist dann, wo gehen Sie dann hin?“, fragte er,
hämisch grinsend.
„Du übersiehst eines, ich bin nur eine Fiktion, nichts weiter als
eine Fiktion, und die kann nicht zerstört werden, so wenig wie Du einen
Gedanken zerstören kannst“, entgegnete ich lächelnd.
„Nur eine Fiktion? Kann es sein, dass ich träume, dass das hier
nichts weiter ist als ein schrecklicher Alptraum?“, fragte er unsicher.
„Ja, das wird es wohl sein, und Du brauchst nur aufzuwachen“,
versicherte ich ihm, und wahrlich, als er um die Augen schloss und wieder
öffnete, lag er in einem Bett.
„Schatz, es war alles nur ein Traum!“, rief er aus, doch er
erhielt keine Antwort, denn er lag alleine im Bett, und es war nicht sein Bett.
Es roch nach schäbigem Motel und Mottenkugeln, und die Nutte, die er engagiert
hatte, war weg, mitsamt seinem Geld und seinen Autoschlüsseln. Vielleicht wäre
die Fiktion der Wirklichkeit doch vorzuziehen gewesen?
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