Der Lauf der Zeit ... (2)
„Du musst Dich rüsten“, höre ich mich
sagen. Eine letzte Umarmung noch, bevor wir uns verabschieden müssen. Ein
letztes Mal noch ineinander verwoben und zurückfallen lassen in die
Unbeschwertheit und Sorglosigkeit. Ich will es nicht denken, dass es einen
Abschied geben kann. Ich konnte es nicht denken, dass es ein Ankommen geben
konnte.
Deine Geschichte entsprach der meinen in
vielen Dingen, doch es war Deine. Du hattest Verrat geübt, an Dir, in erster Linie an Dir selbst. Du hattest Dich im Stich gelassen, als Du Dich am
notwendigsten gebraucht hättest. Du warst nicht mehr derselbe, weil Du Dich im Stich gelassen hattest, und als Du erwachtest in dieses Bewußtsein, dass Du Dich verloren hattest, erst da wurdest Du wach. Du hattest nicht geholfen, weil Du
nicht wusstest wie Du Dir helfen solltest, konntest. Du warst Dir nahe, und doch so fern. Du verstandest Deine Hilfeschreie nicht.
Und ich spüre Dich in mir, unter diesem
Olivenbaum während die Sonne unsere Haut verwöhnt, spüre Dich, wie ich Dich
noch nie gespürt habe, kraftvoll, verbindend und bereichernd, und in meinem
Geschenk liegt die Kraft den Moment in die Ewigkeit zu weiten, in der Weite,
die ich Dir schenke.
Und als Du sahst, dass da nichts weiter um
Dich war als Trümmer und Scherben und Hilflosigkeit, da liefst Du davon, um
einen Ort zu finden, an dem Du bleiben, vielleicht auch von vorne anfangen
konntest, doch es gab keinen Ort, an dem Du Ruhe fandest. Immer war es anders,
doch die Gedanken gingen mit Dir, und die Schuld, und das Versagen. Du zogst
Dir die Verwundungen zu und gingst weiter, immer weiter. Du hattest mit dem
Halt auch die Orientierung verloren. Vielleicht war da zunächst noch die
Hoffnung auf ein Ziel, doch irgendwann ließt Du Dich nur mehr treiben, warst angetrieben
von diesem Schmerz, dem Du doch nicht entkommen konntest. Und vor meiner Türe,
da hattest Du keine Kraft mehr, und ich holte Dich ins Leben und in meine
Umarmung. Und vielleicht konnte ich den Schmerz Deiner Seele damit heilen.
Ich weiß, dass Du gehen musst. Du richtest
Dich auf, und ich bleibe in diesem Moment der Vereinigung, und so fällt es mir
nicht schwer Dich anzulächeln, fällt es mir nicht schwer es nicht wahrzuhaben,
dass dies nun ein Abschied ist. Noch weiß ich nichts davon, denn ich bin
umhüllt von Dir und Deiner Gegenwart, und so lange diese bleibt, kann es keinen
Abschied geben. Vielleicht werde ich frieren in der Nacht und Dich suchen.
Vielleicht werde ich mit Dir sprechen und keine Antwort erhalten. Vielleicht
werde ich wütend und traurig sein, aber immer ist es, dass Du mich mit Deiner
Gegenwart kleidest, auch wenn Du nicht da bist.
Und Du wirst zu meiner Türe kommen. Die
Tage nehmen ihren Lauf, und Du wirst in die Gegenwart zurückkehren, den Platz
leibhaftig einnehmen, den Du stets hast.
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