Walpurgisnacht
Die Flammen stoben ungestüm gen Himmel. Ich hatte ein
großes Feuer entfacht, hier bei meinem See, in dieser besonderen Nacht, und sie
waren gekommen, um miteinander zu feiern, all die besonderen Frauen. Nicht auf
Besen kamen sie angeritten, und auf ihren Schulten saßen weder schwarze Raben
noch schwarze Katzen. Aber die Tiere hatten sich zu uns gesellt, lagen beim
Feuer und fühlten sich wohl. Nein, es wurde auch nicht wild und ekstatisch um
das Feuer getanzt. Die Frauen saßen oder standen um das Feuer. Sie unterhielten
sich. Ab und zu konnte man ein Lachen hören. Ab und zu wurde ein Lied angestimmt,
und der Sinn des Gemeinsam legte sich wie ein unsichtbares Band um uns, ohne
einzuschnüren, nur zu verbinden. Nein, sie waren nicht alle rothaarig, sondern
so unterschiedlich wie Frauen unterschiedlich sind, und doch waren sie sich in
vielerlei Hinsicht ähnlich.
Es ist die Frau, die sich zu Dir setzt, wenn Du einsam
bist und Dir ein Wort schenkt oder auch ein gemeinsames Schweigen, aber Dich in
ihrer bloßen Anwesenheit der tiefen Einsamkeit enthebt.
Es ist die Frau, die sich Deine Geschichte anhört und Dir
hilft zu verstehen, die Dir keinen Weg weist, aber Dir dennoch hilft ihn zu
finden.
Es ist die Frau, die Deine Hand nimmt und Dir aufhilft,
wenn Du gestürzt bist und meinst nicht mehr aufstehen zu können.
Es ist die Frau, die Deine Wunden versorgt, die äußeren,
wie die inneren, die Dich heil und ganz werden lässt.
Es ist die Frau, die Dir in der tiefsten Dunkelheit das
Licht wieder zeigt.
Es ist die Frau, die Dir in der bittersten Kälte Wärme
und Hoffnung schenkt.
Es ist die Frau, die Dich annimmt, in all Deiner
Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit.
Es ist die Frau, die Dich aufnimmt und Dir Nähe
gestattet, bis Du wieder so weit bist um hinaus in die Welt zu gehen.
Es ist die Frau, die Dich trägt, stützt und stärkt.
Es ist die Frau, die nicht wertet und nicht straft,
sondern Dich aus der Enge einer vermeintlichen Schuld herausführt und zurück zu
Deinen Möglichkeiten.
Es ist die Frau, die Dir in ihrer Zuwendung den Blick für
das Wesentliche zu öffnen vermag.
Es ist die Frau, die Dir in einem einzigen Wort, einer
Geste, einer Berührung das Leben neu erscheinen lassen kann.
Und wenn Du von ihr weggehst, dann vergisst Du, was sie
für Dich getan hat, bis Du sie wieder brauchst, bis sie wieder für Dich da sein
wird. Du weißt, dass sie für Dich da sein wird, egal wie weit Du Dich von ihr
entfernst, egal wie viel Zeit vergeht, sie ist für Dich da.
Es zählt nicht, so lange es Dir gut geht. Vielleicht bist
Du auch manchmal ein wenig beschämt, wenn Du daran denkst, dass Du ihre Hilfe
nötig hattest. Vielleicht versuchst Du diesen Gedanken aus Deinem Kopf zu
tilgen. Es war doch nichts weiter als ein Moment der Schwäche, in dem Du Dir
helfen ließest, in dem Du meintest auf sie angewiesen zu sein, doch jetzt, wo
es Dir wieder gut ging, jetzt konntest Du das nicht mehr verstehen, dass es ihn
gab, diesen Moment der Schwäche und der Offenheit. Du bist stark und
selbständig. Nie wieder würde Dir so etwas passieren. Nie wieder würdest Du auf
sie oder irgendjemand anderen angewiesen sein.
Leise unterhielten sie sich, die Frauen, rund um das
Feuer, und sie wussten um ihre Kräfte und ihre Möglichkeiten zu helfen. Du
würdest wiederkommen, und sie würde für Dich da sein.
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