Emotionale Verzerrung
Nyx: „Ach, wie anders, wie schön
Lebt der
Himmel, lebt die Erde,
Ach, wie
fühl ich, wie fühl ich
Dieses
Leben zum erstenmal!“ (Auszug aus J.W. Goethe „Bleibe, bleib bei mir“)
Ohne der Wissenschaftlichkeit einen
Abbruch tun zu wollen, möchte ich doch dieses Goethe-Zitat an den Anfang
unseres Gesprächs stellen, da es doch in der Lage ist dieses Krankheitsbild der
„Emotionalen Verzerrung“ sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen, wobei ich
behaupten möchte, dass es eben diese Krankheit war, unter der er litt. Nun ist
es also nichts Neues, aber doch taucht immer wieder die Frage von Betroffenen
auf, was ist mit mir los? Hierauf findet sich nun endlich eine zufriedenstellende
Antwort. Herr Professor, wären Sie so freundlich unseren geneigten Leserinnen
mehr darüber zu berichten.
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Sie
haben völlig recht, dieses Goethe-Zitat ist ein Paradebeispiel für einen Fall
„Emotionaler Verzerrung“ in der letzten Stufe. Ich bin natürlich sehr erfreut
darüber endlich über ein Krankheitsbild berichten zu dürfen, das mir nachgerade
täglich in meiner Praxis als Psychiater begegnet. Leider, auch wenn es schon
weithin bekannt ist, werden die Symptome nach wie vor nicht ernst genommen, was
sich nicht zuletzt daran zeigt, dass es immer noch nicht in den ICD 10, der Internationalen
statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme,
Eingang gefunden hat. Umso mehr Fälle ich diagnostizieren kann, desto größer
ist die Wahrscheinlichkeit, dass es noch geschieht. Dies einmal vorweg.
Nyx: Wären Sie nun so freundlich uns
mehr über die Krankheit selbst zu berichten. Wie kann sie eingeordnet werden?
Welche Symptome zeigen sich?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Ich
nenne es „Emotionale Verzerrung“. Es handelt sich hierbei wohl um eine Form der
„Derealisation“, nur mit dem Unterschied, dass der Patient der Realität nicht
gänzlich abschwört, sondern nur sein Blick auf die Umgebung beeinträchtigt ist,
d.h. er sieht die Dinge anders als zuvor. Meist geschieht dies gemeinsam mit
einer zweiten Person. Als Symptome lassen sich auflisten:
1)
Ausschließliche Wahrnehmung des Positiven
2)
Ausklammerung des Bösen und Hässlichen aus
dem Blick
3)
Die Welt wird als völlig neuartig und
unbekannt bestaunt
4)
Die eigene Person wird als befremdlich
befunden, indem man Dinge sagt, die man sonst nicht gesagt hätte.
5)
Der Patient ist geistig abwesend und frönt
der gedanklichen Fokussierung auf eine Person
6)
Ein ungeheurer Energieschub wird deutlich,
d.h. der Patient braucht weniger Schlaf und Ruhe
7)
Ständiges Seufzen und Augenverdrehen können
auch auftreten
Treten mindestens vier dieser
Symptome über einen längeren Zeitraum auf, so ist die Diagnose eindeutig.
Nyx: Gibt es nun einen konkreten
Anhaltspunkt, der einem hilft eine solche Krankheit zu erkennen?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Den gibt es. Der Betroffene ist
sofort an diesem silbrigen, verklärten Blick zu erkennen, ähnlich einem
Drogensüchtigen.
Nyx: Wie sieht die Therapie aus? Wie
groß sind die Heilungschancen?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Ich
muss leider sagen, diese Krankheit ist nicht heilbar, jedoch durchaus
therapierbar. Ich verordne im allgemeinen eine ausreichende Dosis an
Miteinander mit der im Gedanken fokussierten Person. Wird dies auf sich
genommen, so kann der Patient mit der Krankheit über viele Jahre hinweg
durchaus normal leben.
Nyx: Ich danke für das Interview und
möchte unseren Leserinnen noch ans Herz legen, nehmt es ernst und lasst Euch
helfen.
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Dem
möchte ich mich anschließen. Und noch hinzufügen, dass ich als Spezialist auf
diesem Gebiet, gerne zur Verfügung stehe.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen