1405 Ein Interview mit Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll:


Emotionale Verzerrung


Nyx:    „Ach, wie anders, wie schön
            Lebt der Himmel, lebt die Erde,
            Ach, wie fühl ich, wie fühl ich
            Dieses Leben zum erstenmal!“ (Auszug aus J.W. Goethe „Bleibe, bleib bei mir“)
Ohne der Wissenschaftlichkeit einen Abbruch tun zu wollen, möchte ich doch dieses Goethe-Zitat an den Anfang unseres Gesprächs stellen, da es doch in der Lage ist dieses Krankheitsbild der „Emotionalen Verzerrung“ sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen, wobei ich behaupten möchte, dass es eben diese Krankheit war, unter der er litt. Nun ist es also nichts Neues, aber doch taucht immer wieder die Frage von Betroffenen auf, was ist mit mir los? Hierauf findet sich nun endlich eine zufriedenstellende Antwort. Herr Professor, wären Sie so freundlich unseren geneigten Leserinnen mehr darüber zu berichten.
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Sie haben völlig recht, dieses Goethe-Zitat ist ein Paradebeispiel für einen Fall „Emotionaler Verzerrung“ in der letzten Stufe. Ich bin natürlich sehr erfreut darüber endlich über ein Krankheitsbild berichten zu dürfen, das mir nachgerade täglich in meiner Praxis als Psychiater begegnet. Leider, auch wenn es schon weithin bekannt ist, werden die Symptome nach wie vor nicht ernst genommen, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass es immer noch nicht in den ICD 10, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, Eingang gefunden hat. Umso mehr Fälle ich diagnostizieren kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es noch geschieht. Dies einmal vorweg.
Nyx: Wären Sie nun so freundlich uns mehr über die Krankheit selbst zu berichten. Wie kann sie eingeordnet werden? Welche Symptome zeigen sich?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Ich nenne es „Emotionale Verzerrung“. Es handelt sich hierbei wohl um eine Form der „Derealisation“, nur mit dem Unterschied, dass der Patient der Realität nicht gänzlich abschwört, sondern nur sein Blick auf die Umgebung beeinträchtigt ist, d.h. er sieht die Dinge anders als zuvor. Meist geschieht dies gemeinsam mit einer zweiten Person. Als Symptome lassen sich auflisten:
1)   Ausschließliche Wahrnehmung des Positiven
2)   Ausklammerung des Bösen und Hässlichen aus dem Blick
3)   Die Welt wird als völlig neuartig und unbekannt bestaunt
4)   Die eigene Person wird als befremdlich befunden, indem man Dinge sagt, die man sonst nicht gesagt hätte.
5)   Der Patient ist geistig abwesend und frönt der gedanklichen Fokussierung auf eine Person
6)   Ein ungeheurer Energieschub wird deutlich, d.h. der Patient braucht weniger Schlaf und Ruhe
7)   Ständiges Seufzen und Augenverdrehen können auch auftreten
Treten mindestens vier dieser Symptome über einen längeren Zeitraum auf, so ist die Diagnose eindeutig.
Nyx: Gibt es nun einen konkreten Anhaltspunkt, der einem hilft eine solche Krankheit zu erkennen?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Den gibt es. Der Betroffene ist sofort an diesem silbrigen, verklärten Blick zu erkennen, ähnlich einem Drogensüchtigen.
Nyx: Wie sieht die Therapie aus? Wie groß sind die Heilungschancen?
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Ich muss leider sagen, diese Krankheit ist nicht heilbar, jedoch durchaus therapierbar. Ich verordne im allgemeinen eine ausreichende Dosis an Miteinander mit der im Gedanken fokussierten Person. Wird dies auf sich genommen, so kann der Patient mit der Krankheit über viele Jahre hinweg durchaus normal leben.
Nyx: Ich danke für das Interview und möchte unseren Leserinnen noch ans Herz legen, nehmt es ernst und lasst Euch helfen.
Prof. Dr. Heinz Rüdiger Vollenzoll: Dem möchte ich mich anschließen. Und noch hinzufügen, dass ich als Spezialist auf diesem Gebiet, gerne zur Verfügung stehe.

Keine Kommentare: