Zu
viele Fragen
„Wie lange es wohl her ist?“, fragte ich
Dich, an jenem Abend, an dem es wieder so weit war. Immer zwischen dem letzten
Mal und diesmal. Immer ist es so.
„Du fragst zu viel“, antwortetest Du kurz.
„Aber es wäre doch wichtig zu wissen wie
viel Zeit vergangen ist, seitdem“, insistierte ich.
„Wozu ist es gut, das zu wissen? Was hast
Du davon?“, fragtest Du entsprechend.
„Nun, dann kannst Du mir erzählen was in
der Zwischenzeit passiert ist, all die Dinge, die ich nicht weiß, und ich kann
Dir erzählen was bei mir passiert ist. Ich muss wissen wie weit ich
zurückdenken muß, damit wir auf dem Laufenden sind. Willst Du es denn nicht
wissen?“, versuchte ich zu erklären.
„Nur das eine will ich wissen, nur das eine ist für mich von
Bedeutung. Nicht was Du getan oder nicht getan hast, sondern ob es Momente gab,
in denen Du berührt, angerührt wurdest, Momente, die Dich beförderten, die Dich
in Deinem Wachsen und Werden unterstützten, die Dir die Möglichkeit gaben Dich
zu erweitern. Nicht was Du warst, will ich wissen, sondern was Du bist. Nicht
irgendetwas interessiert mich, sondern Du“, setztest Du mir auseinander.
„Aber dafür muss ich Dir doch erzählen, von dieser Zeit, die mich
vom letzten Mal in dieses Mal führte?“, fragte ich. Einigermaßen verunsichert.
Einigermaßen verwirrt. Irgendwie im Dunkel.
„Dafür musst Du mir nicht erzählen was war in dieser Zeit, dazu
musst Du noch nicht einmal einen Schritt von mir weggehen, weder in der Zeit
noch örtlich. Dazu musst Du nur bei mir bleiben und sein, einfach nur sein,
denn in Deinem Hier- und Jetzt-Sein erkenne ich Dein Werden, und ganz gleich
wie lange es dauerte, ganz gleich wie viel Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre
dafür notwendig waren, Du bist jetzt so, hervorgegangen aus den Berührungen all
der wertvollen Momente, hervorgegangen aus dem was war, um mir hier zu sein“,
sagtest Du geduldig. Nichts was Dich aus der Ruhe brachte. Nicht einmal meine
Weigerung zu verstehen, dass die allgemeintesten, gewohntesten Fragen oft die
falschesten sind. Fragen, die wir stellen, nicht weil wir wirklich eine Antwort
haben wollen, sondern weil wir einreihen wollen, das Geschehen, chronologisch
und möglichst genau, weil es sich so eingebürgert hat, ohne einen Gedanken
daran, auch nur einen einzigen, ob all die Antworten einen Sinn ergeben.
„Wir haben so viel Information und wissen so wenig“, sagte ich
schlussfolgernd.
„Wir stopfen uns voll mit Chronologie und Information und
übersehen das Wesentliche, das was wirklich trägt. Wir konsumieren, nicht nur
Dinge, sondern auch Menschen und Geschehen. Wir stopfen alles unhinterfragt in
uns hinein, um es ebenso unreflektiert bei nächster Gelegenheit wieder
auszuspeien. Wir sind es so gewohnt. Wir haben es nicht anders gelernt, und was
wir nicht können, das probieren wir meist erst gar nicht“, merktest Du an.
„Aber ja, ich weiß nicht wie man das macht. Ich weiß nicht wie
beginnen“, musste ich zugeben.
„Dann will ich es versuchen, um mit Dir weiterzugehen, uns
miteinander begeben in uns und das was wir sind“, botst Du an.
„Bitte tu das!“, entgegnete ich.
„Es ist gut da zu sein, denn das Eintauchen in die Begegnung mit
Dir schenkt mir die Möglichkeit mich zu öffnen“, sagtest Du, und es war ein
guter Anfang ohne Fragen.
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