Niemals gibt es Gewissheit
„Du hast lange gebraucht für den Weg
hierher“, sage ich, da ich beobachtete, wie Du den Weg betratst, ein paar
Schritte gingst, zögertest, wieder umkehrtest, als wolltest Du wieder weg
gehen, dann doch bleibend, immer wieder, bis Du es doch letztendlich
schafftest, bis hierher zum Steg, auf dem ich auf Dich wartete und auch nicht
wartete. Beobachtend und doch bei mir bleibend, erwartend und doch nicht
Gefangene der Erwartung zu sein, Deine Unsicherheit aushaltend und doch
hoffend.
„Ich war mir nicht sicher ob ich es auf
mich nehmen könnte, ob ich Dich auf mich nehmen könnte“, erklärst Du mir,
Abstand wahrend, immer noch, sicherheitshalber.
„Ob Du es auf Dich nehmen kannst, das weiß
ich nicht. Ich kann Dir weder Deine Entscheidungen, noch Dein Dafür- oder
Dagegenhalten abnehmen, aber mich brauchst Du nicht auf Dich zu nehmen. Du
kannst kommen und bleiben und wieder gehen, wenn Du möchtest. Du kannst gehen
und wieder kommen, wenn es Dir gefällt. Und ich werde Dich kommen lassen und
gehen, wenn ich es möchte. So einfach ist es, letztendlich“, entgegne ich.
„Das klingt alles so einfach und unkompliziert,
wenn Du das so sagst“, merkst Du nachdenklich an.
„Das ist so einfach und unkompliziert, wenn
man das so will und lebt und erlaubt“, sage ich überzeugt.
„Du sagst es, und vielleicht meinst Du es
auch so, aber zwischen Sagen und Sein, das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Immer wird einem die große Freiheit versprochen, bekommt man Zugeständnisse und
Ankündigungen, die angeblich völlig frei gegeben werden, und zum Schluss dreht
sich doch wieder alles um und Du wirst festgenagelt auf das, was die anderen
für Dich wollten, festgenagelt auf den anderen, vereinnahmt und verpflichtet.
Sagen lässt sich bald einmal was“, erklärst Du mir.
„Du hast Angst, so große Angst vor der
Möglichkeit, viel zu große Angst. Es lässt sich viel sagen, und niemals beweisen.
Ich kann mich festlegen für mich, und ich kann meine Meinung ändern. Ich kann
sagen, und doch was anderes meinen. Der Mensch ist so. Aber ob ich
Hintergedanken habe oder nicht, das lässt sich nur über mein Tun erweisen. Sich
einzulassen oder sich nicht einzulassen, das sind die Möglichkeiten die wir
haben. Gehen oder bleiben. Vertrauen oder im Misstrauen verharren. Aber niemals
kann Dir jemand Zukunft erweisen, niemals gibt es Sicherheit“, sage ich
langsam. Vielleicht erschreckt es Dich. Vielleicht nimmst Du es an. Doch Du
bleibst.
„Du willst mich nicht festnageln, nicht
einnehmen und für Dich beanspruchen?“, fragst Du nochmals.
„Nein, das will ich nicht. Bleiben, weil Du
es willst, weil ich es will. Gehen, weil Du es willst, weil ich es will. Und
sich selbst treu bleiben zu dürfen, ohne Verpflichtung, ohne Auflösung, ganz
sein und bleiben dürfen, das ist der Weg, der einen Umgang miteinander erlaubt,
der Respekt und Aufmerksamkeit bedeutet“, erkläre ich. Vielleicht glaubhaft,
denn Du setzt Dich zu mir, um zu bleiben, einfach mal eine kleine Weile zu
bleiben.
„Es ist so schwer, so unerträglich sich bei
jedem Wort fragen zu müssen, ob man es auch richtig verstanden hat, ob nicht
doch was anderes dahintersteckt und einem nicht letztlich ein Strick daraus gedreht
wird“, sagst Du nachdenklich, während sich Dein Blick im dunklen Wasser des
Sees verliert.
„Vielleicht gelingt es, wenn man zuhört und
authentisch bleibt, wenn man die eigenen Wünsche und Bedürfnisse absteckt und
offenlegt“, versuche ich mich anzunähern, „Vielleicht gelingt es.“
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