Trau Dich, langsam
„Du bist wunderschön, wenn Du lächelst“,
muss ich zugeben, „Es ist, als würde es Dich verzaubern, als wärst Du anders
als in dem Moment, wo Du kamst.“
„Vielleicht ist es auch so“, sagst Du
leise, „Als erst war es unheimlich merkwürdig, dann war es verwirrend
merkwürdig und dann nur mehr einladend merkwürdig. Aber was machen wir jetzt,
jetzt, wo ich mich quasi eingelebt habe?“
„Was möchtest Du denn machen?“, frage ich
im Gegenzug.
„Irgendetwas, eben machen ...“, antwortest
Du spontan.
„Irgendetwas, damit wir etwas machen, ohne
darauf zu achten, was wir wollen“, gebe ich zu bedenken.
Wir sind es gewohnt, zu machen,
irgendetwas, damit der Tag, die Stunde oder eben nur der Moment, seine
Berechtigung hat. Wir sind es gewohnt, uns am Abend zurücklehnen zu können, mit
dem guten Gefühl, wir haben etwas gemacht. Ganz gleich was, Hauptsache was
gemacht. Doch wann haben wir das letzte Mal etwas gemacht, nicht, weil wir
bestrebt waren irgendetwas zu machen, nicht weil es eben gemacht werden muss,
nur, weil wir es wollten? Oder noch wichtiger, wann haben wir es zum letzten
Mal geschafft nichts zu machen, weil wir in dem Moment Nichts machen wollten,
weil wir einfach einen Moment hatten, wo es möglich war? Natürlich, ich will es
nicht bestreiten, es gibt genug Dinge, die gemacht werden müssen, aus welchem
Grund auch immer, aber daneben gibt es noch viel mehr von den Dingen, die
eigentlich nicht wirklich notwendig sind, und wir machen sie trotzdem. Es geht
einfach nicht, Nichts zu tun. Und damit meine ich nicht sich passiv von
irgendwelchen Medien berieseln zu lassen, ja nicht einmal ein Buch zu lesen,
sondern in die Wolken zu sehen, den Gedanken Raum geben, und vielleicht nicht
einmal das. Auftanken, ruhig werden, langsam, zuzuhören, auch das, und nicht
schon verstanden zu haben noch bevor der andere auch nur den halben Satz
ausgesprochen hat, einfach Nichts, um den Moment wirken zu lassen, oder wenn
nicht Nichts, dann zumindest zunächst in sich hören, und dann das tun, worauf
man wirklich Lust hat, was einem gut tut, jenseits von aller Notwendigkeit, und
dann wird es so sein, dass sich im Tun das Sein eröffnet, dass wir dem Leben,
in einem atmenden Rhythmus wieder näher rücken, und nicht im Ticken der Uhr,
sondern im Schlag des Herzens, im Takt des Atems.
„Warum wollen wir nicht etwas machen, was
wir machen wollen, und nicht einfach nur irgendetwas?“, frage ich Dich.
„Aber was will ich denn?“, entgegnest Du,
offenbar verwirrt über diese Aufforderung.
„Höre in Dich hinein, sieh Dich um, und Du
wirst es wissen“, sage ich voll Überzeugung, und Du nimmst es ernst, und ich
spüre Deinen Takt.
„Ich würde gerne über die Wiese gehen und
durch den Bach waten, barfuß und die Natur spüren“, antwortest Du endlich, und
es klingt echt, nach dem, was Du willst ohne Beeinflussung durch Nützlichkeit
oder Sinnhaftigkeit.
„Trau Dich, langsam“, sagte ich leise.
„Und auch das Spüren, sich einlassen, hat
etwa Neues, ist merkwürdig, aber anziehend merkwürdig“, entgegnest Du, und
jetzt bist Du es, die meine Hand nimmt und mich mitnimmt.
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