Liebe geht manchmal seltsame Wege …
Heiter bis wolkig, hatte der Wetterbericht behauptet, doch
als ich gerade von einem Termin zum nächsten hetzte, kurz einen Blick Richtung
Himmel warf, weil ich gezwungen war für einen Moment innezuhalten, da stellte
ich fest, dass es doch eher wolkig bis heiter zu nennen war, oder eigentlich
überhaupt wolkig. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, weil meine
Stimmung wolkig war. Hatte ich doch erst vor einiger Zeit alles hinter mir
gelassen, um das zu machen, was ich immer machen wollte, hatte mein Leben
völlig auf den Kopf gestellt, so sahen es zumindest die anderen, die vielleicht
vom Wetter dieses Tages behaupteten es sei heiter bis wolkig. Jeder sieht nun
mal was er sehen will und gibt es als Erkenntnis aus, wenn nicht sogar als
Wahrheit. Ich für mein Teil hätte eher gesagt, mein Leben war nun endlich vom
Kopf auf die Füße gestellt. Doch wie man es auch immer sehen will, gewiss war,
dass sich so mancher vor den Kopf gestoßen fühlte. War das meine eigentliche Sorge,
die mich mit diesem Schritt so lange warten ließ? Wie gerne macht man es doch
den Menschen recht, die einem nahestehen, und dazu gehört nun mal, dass man sie
nicht vor den Kopf stößt, um dann festzustellen, dass sie auch damit umzugehen
lernen, wenn sie es müssen. Niemand zwingt einen, und doch regiert so oft die
Angst. Es war ein mutiger Schritt, dachte ich, und doch nichts weiter als ein
Schritt mein Leben endlich in die Hand zu nehmen, endlich zu fragen was denn
ich für mich dafür erwarte und was ich aus diesem einen, einzigen Leben, das
ich habe, zu machen gedenke, dass ich glücklich werde. Welche Unverfrorenheit,
so rücksichtslos nach dem eigenen Glück, nach einem gelingenden Leben zu
verlangen. Und dann war es einfach, ohne ein Zurück. Es war eine Befreiung und
eine Öffnung hinaus, doch kaum war sie vollzogen, war die Öffnung auch schon
wieder zu. Nur bis ich mich im Neuen eingerichtet, darin Fuß gefasst hätte,
dachte ich mir noch. Vieles blieb auch im Neuen gleich, denn ganz gleich wie
sehr man sein Leben verändert, eine Konstante darin gibt es unausweichlich, und
das ist man selber. Gewohnheiten, Strategien mit dem Leben umzugehen, mit den
Erwartungen und Anforderungen, das bleibt gleich. Und so wusste ich mein neues
Leben zu meistern, doch schon wieder war ich in Hektik, schaffte ich es mir
immer mehr und mehr abzuverlangen, und nachdem es ja jetzt die Erfüllung meines
Lebenstraumes war, konnte es ja nicht belastend, sondern eine immerwährende
Leichtigkeit sein, wie ein nie enden wollender LSD-Trip. Nein, so einfach war
es nicht. Und ich fand meine Stimmung an diesem Tag wolkig, und den Himmel,
auch wenn ich ihm vielleicht Unrecht tat, und während ich so zum Himmel sah und
sich der Grim regte, da ging ich wie in Gedanken fort und wurde fast überfahren,
von Dir auf dem Fahrrad. Und auch wenn es meine Schuld war, so stelltest Du
doch das Rad bei Seite, ohne Vorwurf und nahmst mich mit, ins nächste Café,
fraglos, so wie es Deine Art war, wie ich späterhin erkannte, als ich Dich
immer mehr erkennen durfte. Du schafftest es bei diesem ersten gemeinsamen
Gespräch die Öffnung wieder wachzukitzeln und mich so mancher Torheit zu
überführen, und mit einem Male konnte ich über meinen eigenen Ärger lachen und
über das heiter bis wolkig, das nun ein heiter wurde. Durch Dich wurde es das
und blieb es bis heute, wenn Du bei mir bist. Lachte über meine Engstirnigkeit
und meine Verbohrtheit – und doch warst Du die einzige, die es konnte, mich
darüber lachen lassen und mich verstehen. Dort, wo ich aus einem heiter bis
wolkig ein wolkig mache, dort lässt Du es regelmäßig heiter werden, wo es
wolkig ist. Doch was wäre gewesen, wenn ich es nicht geschehen lassen hätte
können, was wäre geschehen ohne Dich? Nun, wahrscheinlich würde ich noch immer
vor mich hinhetzen ohne innezuhalten, wo Du mich zwangst dazu – und das Leben
und die Welt waren neu, und heiter.
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