Männersorgen
„Nun, schieß los, was brennt Dir auf der Seele“, fragte
David Kernlos seinen Freund Adam Adamovic, als sie, dem Büro endlich entkommen,
wie jeden Abend in der Kneipe trafen.
„Warum muss eigentlich anfangen zu erzählen. Du hast doch
auch einen ordentlichen Scheiß beieinander, wie Du sagtest“, erwiderte Adam
trotzig, während er den ersten Schluck von seinem Bier nahm.
„Wahrscheinlich weil es mir komisch vorkommt mit einem
anderen Mann über Beziehungsprobleme zu sprechen“, entgegnete David sinnend.
Nein, es war wirklich nicht seine Art, und wohl auch nicht die seines Freundes,
und, wie er meinte, nicht die Art irgendeines Mannes. Das gehört sich einfach
nicht, denn Männer haben keine Beziehungsprobleme, zumindest geben sie es nicht
zu, und die, die es tun, sind keine richtigen Männer. Unter Männern redet man
über ernst Probleme, über falsch vergebene rote Karten, die Temperatur des
Bieres oder die PS, die das Auto unter der Haube hat, aber ganz bestimmt nicht
über Beziehungen, doch das war ein besonderer Fall, und so sehr es David
drängte mit seinem Freund zu reden, so schwer fiel es ihm. Es war ihm, als
wären ihm plötzlich sämtliche Worte verloren gegangen, doch da kam ihm Adam zur
Hilfe.
„Meine Freundin hat mich verlassen“, schob er zwischen den
Lippen heraus, „Oder besser, sie hat mich rausgeschmissen. War ja schließlich
ihre Wohnung.“
„Meine auch“, setzte nun David nach, sichtlich erleichtert,
dass er offenbar nicht der Einzige war, dem sowas passiert. Sie beide, Adam und
er, sie waren schließlich fesche, patente Burschen. Natürlich, sie gingen ab
und zu ein Bier trinken, aber sie arbeiteten auch, um ihren Freundinnen was
bieten zu können. Dafür würden sie doch wohl ab und zu einen Abend unter
Männern verbringen dürfen.
„Und Schuld daran ist diese blöde Tusse mit ihrem Buch“,
fuhr Adam vorsichtig fort.
„Wie heißt sie nochmals, ach ja, Dana Landweg, empfiehlt
darin einen Boy, eine Puppe“, setzte David hinzu, „Hat Deine es auch gelesen?“
„Nicht bloß gelesen, verschlungen, und dann, dann ...“, es
fiel immer noch schwer, allein der Gedanke daran, dass er, ein Mann, ein
richtiger, aparter Mann durch eine Puppe ersetzt wurde, doch es auszusprechen,
die Dinge beim Namen zu nennen, das war doch nochmals ein anderes Kaliber.
„Dann wirst Du durch einen Boy ersetzt“, vollendete David
den Satz, denn Boy, das klang noch irgendwie nach richtigem Kontrahenten,
besser als Puppe alle Mal.
„Genau, und dann sagt die Schnepfe auch noch, dass er ihr
mehr zu bieten hat als ich“, schnaubte Adam laut, während er sein Bier leerte
und ein weiters bestellte, „Ich möchte wissen was der kann, was ich nicht
kann!“
„Angeblich hört er zu, und ist so schrecklich einfühlsam und
hängt nicht ständig in den Kneipen ab, hat zumindest meine gesagt“, erwiderte
David, froh sich auf seine Wut konzentrieren zu können, denn das überdeckte ein
wenig den Schmerz Er hatte seine Freundin wirklich gern gehabt. Für immer
wollte er mit ihr zusammen sein, eine Familie gründen und all das. Mit ihr, und
nur mit ihr hatte er es sich vorstellen können, und dann solch eine Abfuhr.
Mehr noch als die Verletzung seines Stolzes, schmerzte sein verwundetes Herz,
aber er hatte nie gelernt mit solch einer Verwundung umzugehen. Wut und
Aggressionen, ja das kannte er, aber diese Art Verwundung, die konnte man nicht
rausprügeln und er konnte sie nicht zwingen bei ihm zu bleiben. Aber sein Leben
schien seitdem seicht und sinnlos. Als die beiden Männer bei Morgengrauen die
Kneipe verließen, waren sie sich sicher, sie mussten gegen solch eine
Ungerechtigkeit unternehmen. Wie dieses Unternehmen genau aussehen würde, nun
das würden sie sich überlegen, wenn sie wieder nüchtern wären.
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