Fanpost
„Ich muss die Stadt verlassen, nein, das genügt nicht, ich
muss aus dem Land, noch besser, auf einen anderen Kontinent, Dort, wo mich
niemand kennt, wo ich unangefochten mit Barnabas leben kann“, entfuhr es mir
spontan, nachdem ich unangemeldet in Danas Büro gestürmt war, das Fanpostpaket
auf den Tisch schmeißend. Es hatte schon etwas Theatralisches. Dana sah langsam
von ihrem Schreibtisch auf und musterte erst mich, dann das Paket mit Briefen,
dann wieder mich. Mara trat von hinten auf mich zu und warf einen Blick über
meine Schulter.
„Aber wenn Du doch Fanpost bekommst, dann kannst Du Dich
Deinen Anhängern nicht entziehen“, meinte sie süffisant, und auch wenn ich den
Unterton verstanden hätte, ich war viel zu wütend um mich darum zu bekümmern.
„So siehst Du das also?“, erwiderte ich, mich zu ihr
umwendend, auf dass sie keinen einzigen meiner vor Wut funkenden sprühenden
Blicke versäumen möge, „Du hast ja auch leicht lachen, denn Du musst diese
Schimpftiraden nicht lesen. Und das ist noch nicht alles, das Ganze läuft auch
per Mail, auf den sozialen Plattformen und telefonisch. Tag und Nacht werde ich
beschimpft, und dabei habe ich nichts weiter getan als glücklich zu sein und
das weiter zu empfehlen.“
„Das war auch sehr brav von Dir“, entgegnete Mara gelassen.
Das hat uns enorme Umsätze eingebracht. Der Boy zieht wie noch kein Produkt
davor, und das haben wir größtenteils Dir zu verdanken, meinen Respekt.“
„Du denkst immer nur an den Profit, aber es ist Dir
scheißegal wie es mir dabei geht!“, konterte ich beleidigt.
„Jetzt wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen und den
Petersdom in Rom. Wie wir alle wissen war es doch schon immer so, dass nicht
jeder Freude daran hatte, wenn sich im Leben etwas verändert, ganz besonders
nicht, wenn sich viele Menschen auf den Schlips getreten fühlen. Eigentlich
hätten wir damit rechnen müssen, dass die Männer das nicht einfach so hinnehmen
und sich nicht von Puppen ausboten lassen wollen. Allerdings muss ich gestehen,
dass ich nicht dachte, dass er so einfährt unser Boy. Ich hätte darauf getippt,
dass er nur von Frauen genommen wird, die alleine sind, und sobald ein echter
Mann in ihr Leben tritt, würde er nicht mehr benötigt werden, aber dem ist
offenbar nicht so. Viele Männer sind über Nacht aus einer bestehenden Beziehung
geworfen und durch unseren Boy ersetzt worden. Das trifft das Ego doch hart“,
resümierte Dana messerscharf.
„Aber vielleicht sollten sich die Herren dann eher darüber
Gedanken machen woran es liegt, dass sie so leicht ersetzt werden können, und
das auch noch durch eine Puppe“, entgegnete ich entsprechend.
„Natürlich wäre das der Ansatz, den ein vernünftiger Mensch
setzen würde, aber Männer, die sich in ihrer Ehre gekränkt fühlen, sind nicht
vernünftig, sondern wollen offenbar einen Grund suchen, der sie ablenkt von
ihrem eigenen Versagen, und dieser Grund bist Du“, merkte Mara an.
„Damit unterstellen sie aber ihren Frauen, dass diese
blindlings meinen Empfehlungen folgen ohne selbst zu denken, das alles nur
nachmachen, und wenn ich beseitigt bin, würde sich das von selbst erledigen“,
versuchte ich zusammenzufassen.
„So ähnlich wird wohl ihr Gedankengang sein“, überlegte Dana
laut, „Die Presse und die Politik haben sich auch schon dieser Sache
angenommen, und natürlich die Kirche, die von Perversion spricht, aber das ist
doch schon altbekannt. Dennoch, es ist an uns Dich, Sandra, zu schützen und das
Bild zurechtzurücken. Ich denke, es ist an der Zeit sich auf die Füße zu
stellen. Vielleicht ist das nun endlich eine Möglichkeit Solidarität unter den
Frauen zu erzielen, denn viele von ihnen möchten auf ihren Boy nicht mehr
verzichten.“
Sandra und Mara sahen Dana erwartungsvoll an, doch es galt
einen gemeinsamen Schlachtplan zu entwerfen.
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