Niemand ist vergessen
Ich gebe es zu, ich konnte nicht schwimmen. So ging ich
unter, wie ein Stein, den man ins Wasser wirft. Natürlich hattest Du Deine
Gründe gehabt, als Du gerade mich ausersehen hattest diesen Auftrag zu
übernehmen, auch wenn ich selbst es mir nicht zutraute. Du kanntest mich besser
als ich selbst. Ich war der Richtige. Und wenn ich es noch nicht war, so
würdest Du mich tragen und halten. Ganz gleich wie der Ausgang aussähe. Du
würdest mich nicht verlassen, sondern weiterhin begleiten. Wie töricht und
blind ich doch gewesen war. Du hattest mir einen Auftrag erteilt. Ich hätte
Nein sagen können. Stattdessen rannte ich davon wie ein kleines Kind, das etwas
angestellt hatte und nun ertappt worden war. Du hattest mich ausersehen, um
mich wachsen zu lassen, doch ich sah nur meine Kleinheit und meine Ohnmacht. Du
zeigtest mir Dein Vertrauen und Dein Zutrauen, nur ich selbst vertraute mir
nicht und traute mir nichts zu. Ich hatte nicht Ja gesagt, weil ich meinte, es
nicht zu können. Ich hatte nicht Nein, gesagt, weil ich meinte, dass ich es
nicht dürfe, weil ich es nicht wagte. Ich war einfach nur davongelaufen. Wie
klein meine Gedanken doch waren, wie kurzsichtig mein Vorgehen. Recht geschah
mir, dass ich jetzt hier in den Wellen verging. Gerade hatte ich abgeschlossen.
Ich vertraute mich den Wellen an und den Elementen, so wie ich mich zuvor
Deiner Führung hätte anvertrauen können. Nun wurde ich dafür bestraft, ich sah
es ein. Gerade als mir die Luft ausging und ich mich darin fand nun zu sterben,
da wurde es plötzlich dunkel um mich. Wie in einem riesigen Strudel wurde ich
eingesogen. Es war mir, als befände ich mich in einer riesigen Röhre, nur, dass
das, wogegen ich prallte, weich und warm war. Immer weiter wurde ich gespült,
bis ich auf etwas Weichem, Glitschigen zu liegen kam, aber das Wasser um mich
war verschwunden, so dass ich wieder Atem schöpfen konnte. An einem Punkt, an
dem kein Ausweg mehr möglich scheint, da findest Du einen Weg mich in
Sicherheit zu bringen. Dort, wo alle Hoffnung endet, da finde ich Rettung in
Dir. Du hattest den Wal geschickt, der mich verschluckte. Warm und weich und in
Sicherheit. Doch was sollte weiter werden aus mir? Würde ich auch verdaut
werden wie all die anderen Meeresbewohnter um mich? Nein, das konnte nicht
sein, denn Du hättest mich nicht gerettet vor dem nassen Tod, um mich dann den
Verdauungssäften des Wales auszusetzen. Du hättest gnädig den Mantel um mich
gelegt, hättest Du gewusst, dass es Zeit wäre für mich diese Welt zu verlassen,
doch stattdessen hattest Du mir den Wal geschickt, der mich retten sollte. Ich
wusste nicht wie, aber ich tat nun nichts weiter, als mich zu überlassen, so,
wie ich es von Anfang an hätte tun sollen, Deine Führung und Deiner Fürsorge.
Ich überließ mich vertrauend und zutrauend, dem, der mich rief, der den Ruf
beibehielt und mich beim Namen nannte, der mich aufforderte und herausforderte,
immer zu mir selbst, mehr zu sein, als ich war, immer mehr zu werden, zu
wachsen und zu werden, so wie es vorgesehen war. Und als der Tag kam, dass ich
so weit war, das sprachst Du mir nichts anderes als Dein Zutrauen, dass ich es
bewerkstelligen könnte. Nicht um mich zu unterdrücken, hattest Du mir diesen
Auftrag erteilt, sondern um mir die Möglichkeit zu geben noch mehr zu werden,
größer, stärker, sicherer. Doch ich hatte nichts davon bemerkt, von meinem
eigenen Wachstum. Nur Dir war es nicht verborgen geblieben. Ich war geflohen,
vor Deinem Antlitz, zurück in die Namenlosigkeit, in die Unbestimmtheit, doch
Du wolltest mich nicht verloren geben. Niemals gibst Du mich auf. Ich wusste
es, nun wusste ich es, und der Wal spie mich aus, an den Strand, und die Sonne
trocknete mich und meine Kleider, so dass ich zu Kräften kam und der Ruf erneut
an mich erging, doch diesmal vermochte er mich auch wirklich zu erreichen.
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