Berührung
Die Berührung
ist immer unmittelbar. Sie ist leise, zart und nachdrücklich, aber
immer unmittelbar, ohne ein Dazwischen, ohne Vermittlung. Sie ist
unmittelbar als Gabe und Annahme. Vielleicht zurückhaltend, zaghaft oder
erobernd, forsch, aber immer unmittelbar. Du kannst Dich nicht
vertreten lassen. Sie geschieht, zwischen mir und Dir.
Die
Berührung ist immer enthüllend. Nichts was Du sagst, nichts was Du
denkst, nichts was Du tust kann der Verschleierung wehren. Immer kannst
Du Dich dahinter verstecken und untertauchen. Nur in der Berührung musst
Du aus Dir heraustreten, musst Du Dich preisgeben. Die Berührung ist
immer enthüllend.
Die Berührung ist immer einmalig. Sie geschieht
im Jetzt, in der Situation, die ersteht und vergeht, immer aufs Neue.
Und zwischen Werden und Vergehen geschieht sie. Sie ist das Bindeglied
zwischen Werden und Vergehen. Sie ist der Knoten in der langen,
eintönigen Schnur der Zeit. Sie knüpft Knoten der Erinnerung in das
sonst träge, trübe Einerlei. Sie häuft Inseln, schmale kleine Inseln in
den Strom der Vergänglichkeit. Die Berührung ist immer einmalig.
Die
Berührung ist konzentriert. Du kannst mich nur in einem Akt des Willens
berühren. Berührung als sie selbst kann kein Nebenbei, kein Gedankenlos
sein. Sie geschieht in vollem Bewußtsein und voller Aufmerksamkeit. Wo
Du nicht anwesend bist, in der Berührung, geschieht sie nicht. Da ist
vielleicht ein enges, räumliches Beisammen gegeben, aber niemals
Berührung, die auf die Reise geschickt wird um anzukommen. Sie geht ins
Leere. Sie verläßt den Ort der Abreise nicht. Die Berührung ist immer
konzentriert.
Die Berührung ist immer bekennen. Ich bekenne mich
Dir, bekenne mich Dir in meinem Du-sein. Hilflos und einsam ist der
Berührungslose, entzweit und entstellt, doch ganz und aufrecht in seiner
Hinwendung ist dr Berührende, denn er ist ein Bekennender, ein
Bekennender des Ja-Sagens und der Möglichkeit sich einander anzunähern.
Die Berührung ist immer bekennen.
Die Berührung ist immer
erkennen. Haut an Haut gibt es nichts mehr was trügerisch sein kann,
nichts mehr was verraten werden könnte. Der Raum ist gefüllt und bei
seite geschoben. Aufforderung und Teilnahme, Verständigung und
Vernehmen, im tiefsten, ursprünglichsten Sinne des Lebens, so dass
hinter der Gebrochenheit und Zerstreutheit die Ganzheit wie ein
wiedergewonnenes Licht hervorbricht. Die Berührung ist immer erkennen.
Die
Berührung ist immer heilend. Meine Haut ist die Gabe, die sich über
Deine legt, die sich an Deine schmiegt und die feinsten Risse, die
Kränkungen und Verstümmelungen, die Entstellungen und Verkrampfungen
auflösen und verwischen, einbetten in die Harmonie des vom Bestehens
selbst Geleiteten. Deine Haut ist das Geschenk, das die meine wärmt und
eindringt, tief aufnehmend, entgrenzend und weitend. Die Berührung ist
immer heilend.
"Nimm mich ein, in die Unmittelbarkeit Deiner Berührung", sprichst Du Dich mir.
Und ich nehme Dich ein, in die Unmittelbarkeit unserer Berührung.
"Enthülle Dich mir in Deiner Berührung", spreche ich mich Dir.
Und Du umarmst mich und enthüllst uns darin, Du und Ich, Wir.
"Erhebe mich in die Einmaligkeit Deiner Berührung", sprichst Du Dich mir.
Und ich erhebe Dich über das menschlich Fassbare und Angreifbare in unsere Berührung.
"Umschließe mich mit der Konzentriertheit Deiner Berührung", spreche ich mich Dir.
Und Du umspannst mich mit der Aufmerksamkeit an die Einmaligkeit in Deiner Berührung.
"Sei mein Bekenntnis in Deiner Berührung", sprichst Du Dich mir.
Und ich bekenne mich Dir in unserer Berührung.
"Sei mein Erkennen in Deiner Berührung", spreche ich mich Dir.
Und Du erkennst mich wie mich noch niemand erkannte, nackt und bloß, in unserer Berührung.
"Sei mir Heilung in Deiner Berührung", sprichst Du Dich mir.
Und
ich umhülle Dich, ganz und gar und restlos, und von den Narben des
Lebens zu befreien und wiederherzustellen, wie am ersten Tag, besser als
am ersten Tag in unserer Berührung.
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