Zweisprache
Der Herbst die da. Die Blätter fallen von den
Bäumen und wollen gebündelt, gebunden werden, am besten in ein Buch, denn auch
die Abende werden länger und laden ein zu lesen. Wo es sich trifft, so hier,
wenn mich das Leben wieder hat, auf eine ganz neue Art und Weise, wenn sich die
Hitze des Sommers in der Erinnerung verklärt, dann ist das Zwischenzeit,
zwischen Hitze und Kälte, zwischen dem Nicht-mehr des Sommers und dem
Noch-nicht des Winters. Sommer und Winter sind klar und überschaubar. Hitze und
Kälte. Frühling und Herbst sind Übergänge, die Unentschlossenheit und das
Wagnis. Abschied, der schon vollzogen ist, und Begrüßung, die noch aussteht.
Zwischenzeit. Unsicherheit. Abschied, der mich umfängt mit Melancholie und
Nostalgie. Abschied vom Sommer. Abschied von Dir. Gerade erst hat er sich
eingestellt. Der Sommer. Du. Ich blicke zurück, weil das Zurück sicher ist. Nur
der Blick nach vorne geht in die Offenheit. Unsicherheit, auch im
Aufeinanderzugehen. Alles, was ich von Dir weiß ist, Du bist ein Mensch, wenn
ich mich damit nicht aufhalte mich von Äußerlichkeiten ablenken zu lassen.
Alles was ich weiß. Ein Mensch. Wie ich. Und doch ganz anders. Ein eigenes
Universum. Du. So wie ich Dir. In der Offenheit geschieht Annahme,
Ermöglichung. Niemals werde ich erfahren wie es sich anfühlt Du zu sein.
Genauso wenig wie Du je weißt, wie es ist Ich zu sein, aber wir können es uns
erzählen. In der Gebrochenheit der Sprache, Deiner und meiner, uns erzählen wie
es ist Du zu sein, Ich zu sein. Glück und Schmerz in einem. Die Gebrochenheit
des Menschen. Glück Dich erweiternd zu erfahren, aber auch der Schmerz nie
restlos zu verstehen. Wir haben nichts weiter als die Sprache, um uns zu erfahren,
doch wenn wir sie sorgsam handhaben, so bringt auch sie uns weiter. Dennoch nur
Krücke. Niemals wird die Heilung vollständig sein. Denn die Sehnsucht bleibt
und die Möglichkeit des Verlustes. Wiewohl auch der Verlust niemals ein
gänzlicher ist, denn was wir uns schenkten, das können wir nicht mehr
verlieren. Es ist eingebrannt wie das Erleben, wie das Geboren-werden, das
Leben und das Sterben. Wie das Annähern, das Verbinden und das Entbinden.
Zweisprache lebendigen Atems
Zweisprache der Annnährung
Zweisprache des Erkennens
Zweisprache des Verwebens
Zweisprache des Verlierens
Zweisprache der Sehnsucht
Zweisprache des Wiederfindens
Zweisprache aus Ich und Ich
Zweisprache aus Du und Du
Zweisprache bis zum Wir
Zweisprache der Veränderung
Zweisprache der Treue
Zweisprache – Deine und meine Sprache, gewillt
zu verstehen, sehnend, träumend, beglückend und erfüllend.
Zweisprache – manchmal zum Dialog findend.
Der Herbst ist da, und unsere „Zweisprache“
ist gebündelt und gebunden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen