Feuer
Ganz klein beginnt es. Es beginnt immer
ganz klein, mit einem Funken am Waldesrand. Stolz und erhaben ragen die Bäume
in den Himmel. Jahrzehnte des Wachstums schenkten ihnen diese enorme Höhe. Sie
rühren sich nicht, sind einfach da. Und dann kommt er, dieser kleine Funke,
nistet sich ein zwischen welken Gräsern und Blättern, unbekümmert und leicht,
teilt sich und steckt seine Umgebung an, wird zusehends größer und stärker,
wächst fort, bis die ersten Flammen züngeln, übergreifen aufs Unterholz und
hurtig weiterspringen, von einem Blatt zum nächsten, von einem Ast zum
nächsten, arbeiten sich unablässig empor, bis zu den höchsten, strahlendsten
Gipfeln. Selbst die müssen sich den Flammen beugen, die doch zu Anfang nichts
weiter waren als ein kleiner Funken am Waldesrand.
Ganz klein beginnt es. Es beginnt immer
ganz klein, mit einem Gedanken an der Peripherie meines Denkens. So viele
große, starke Bilder leben in mir, Geschichten aus Gewesenem, Jetzigen und
Kommenden, Geschichten, die ich geschenkt bekam und die ich leben durfte, die
ich geschenkt bekomme und leben darf, und ganz an den Rand stellst Du das Bild
von Dir. Unmerklich, mit jedem Blick darauf, ob nun gewollt oder ungewollt,
wird es stärker und raumgreifender, bis es sich mit ein bezieht in all die
Gedanken, Bilder und Geschichten, die in mir leben, bis es mich begleitet, wie
ein guter Freund, auf den ich nicht mehr verzichten mag und den ich aus meinem
Leben nicht mehr wegdenken kann. Unversehens nimmt es mich ein, und ich kann
nichts dagegen tun, als mich dem Gedanken zu beugen, der doch zu Anfang nichts
weiter war als eine kleine Beifügung an der Peripherie meines Denkens.
Ganz klein beginnt es. Es beginnt immer
ganz klein, mit einer unschuldigen, unbeabsichtigten Berührung. Kurz erschauere
ich darunter, doch beides war so unbedeutend, dass ich nicht weiß ob Du es
bemerktest, Deine Berührung und mein Erschauern, doch Du lässt sie mehr werden,
schenkst mir Deine Berührungen, bis sie mich umfassen, ganz und gar, bis ich
mich zu ihnen sehne und mich in Deine Hände gebe, wie ein Lamm, das zur
Schlachtbank geführt wird. Immer mehr nimmt sie mich ein, entzündet das Wollen
und das Auf-Dich-hin, eröffnet mich Dir hin, und dabei war es zu Anfang doch
nichts weiter, als eine kleine, harmlose Berührung.
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