Zulassen
Zulassen – Dich zu mir zu setzen, obwohl wir nichts
voneinander wissen, außer vielleicht das Eine, das wir Menschen sind, die die
Begegnung suchen, manchmal aus Langeweile oder bloßer Neugierde, manchmal aber
auch um nicht unterzugehen im Sumpf der Isoliertheit und Ich-Verlorenheit.
Zulassen – Dich mir und mich Dir zuzusprechen, obwohl wir
uns nicht zuvor sorgfältigst abgeklopft haben, uns vergewisserten, das Du es
wert wärst, mein Vertrauen und meine Offenheit, doch wie sonst wäre Begegnung
je möglich, ohne diese kleine Vorgabe.
Zulassen – Dich mir und mich Dir zu zeigen wie wir sind,
obwohl es immer auch ein Wagnis ist, zu eröffnen und zuzulassen. Wie wirst Du
damit umgehen, mit dem, was ich Dir entdecke, was ich Dir von mir erfahren
lasse?
„Ich will Dich eintauchen lassen in meine Welt, die so ganz
anders ist als Deine, und ich beginne damit: Hallo! Ich freue mich, dass Du
hier bist.“, spreche ich mich Dir zu, während wir am Steg sitzen und den
vollen, satten Mond sich im Wasser spiegeln sehen.
„Ja, ich bin hier, und doch, ich sollte es nicht sein, hier,
wo alles so fremd ist, wo ich mich an nichts halten kann als an das Versprechen,
das Du mir gibst.“, entgegnetest Du skeptisch.
„Ich weiß, es werden Spiele gespielt, woanders, Spiele mit
Menschen, bei denen es Gewinner und Verlierer gibt, Kampf- und Machtspiele,
Spiele um Prestige und Ansehen, Spiele um Interessen und Eigennutz, doch hier
gibt es keine Spiele, nicht um Dich oder mich, nicht um den Preis des
Miteinander.“, gebe ich zurück.
„Warum sollte ich Dir glauben? Worauf hin sollte ich Dir
mein Vertrauen schenken, wo ich nichts habe als Dein Wort, wo ich auf nichts
bauen kann als auf Deine Zusicherung, und wie wankelmütig sind doch die
Menschen. Oder willst Du von Dir behaupten, dass Du noch nie enttäuscht hast?“,
entgegnetest Du, logisch und nachvollziehbar.
„Ich behaupte nichts von mir, nur das, was Du an mir
erlebst, so wie ich keine Vermutungen über Dich anstelle und nur das annehme,
was Du mich von Dir erleben läßt, um es mir zu bewahren, vor der Welt, vor den
anderen. Aber Sicherheit, nein, die kann es niemals geben.“, entgegnete ich
nachdenklich.
Zulassen – haben denn Träume Schranken, so lange sie Träume
sein dürfen.
Zulassen – kannst Du der Hoffnung Grenzen setzen ohne sie zu
zerstören.
Zulassen – Sehnsucht, die in ihrem Wesen mich erfüllt und zu
mir spricht, dass ich mich Dir zuwenden möchte, kann sie denn eingefriedet
werden.
Zulassen – Staunen, dass Du bist in Deiner Einzigartigkeit
und Unbestimmtheit und auch Unvorhersehbarkeit, wie könnte ich Abstriche machen
ohne Dich zu verlieren noch bevor ich Dich wirklich gefunden habe.
Zulassen – Wachsen, das mir Deine Zutrauen und Deine
Zuwendung ermöglicht, kann es denn begradigt werden, ohne seine
Eigenständigkeit zu verlieren.
Zulassen – Zuneigung, die uns zueinander führt, uns die Hand
zu reichen, einander zu stärken und zu begleiten, kann sie denn ein Maß haben,
das sie kennbar macht, ohne zu enteignen.
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