Stück für Stück brechen die Ziegel
heraus, geben den Blick frei auf den Schein der neun Kerzen. Sie verfolgen
dieses Schauspiel, staunend und mißtrauisch aus der jeweiligen Ecke ihrer
Kerkerzelle, doch umso mehr die Mauer wegbröckelt, umso zuversichtlicher werden
sie, lassen sich los, strecken sich, stehen auf. Dort geht es weiter. Sie
müssen nicht bleiben, klein und gefangen in ihrer Ecke und in sich. Ja, sie
können sich zeigen und auch trotzen. War es nicht allein ihr Wille, der ihre
Befreiung vollbracht hat? Es geht weiter, immer geht es irgendwo, irgendwohin
weiter. Immer kommt ein neuer Morgen und eine neue Möglichkeit. Immer kommt ein
neuer Abend und eine neue Verheißung. Immer kommt ein erneutes Aufeinander-zu
und eine neue Begegnung. In Anbetracht dessen setzen sie den ersten Schritt,
hin zum Schein der neun Kerzen, und fühlen sich zurückgehalten. Was ist es, was
sie am Fortkommen hindert? Was ist es, was ihren Schritt hemmt? Argwöhnisch
sehen sie an sich herab und entdecken einen breiten, eisernen Ring, der um ihr
Fußgelenk geschnallt ist, und an diesem Ring wiederum ist eine starke
Eisenkette befestigt, die an der Mauer festgemacht ist. Jetzt wäre es wohl
Zeit aufzugeben. Den Berg haben sie
hinter sich gelassen und auch den Graben, haben es geschafft mit ihrem Wollen
die Mauer ihrer Kerkerzelle zum Einstürzen zu bringen, um sich nur wieder
gefesselt zu finden. Gefesselt durch ihre eigenen Gedanken, Gedanken, die sich
noch nicht mit ihnen erhoben haben, als sie beschlossen sich nicht mehr klein
machen zu lassen, als sie es annahmen stark sein zu können, als sie an der
Möglichkeit zu wachsen wuchsen. Sie mußten es sich selbst und an sich selbst
glauben. „Ich kann dorthin gelangen, dort zum Schein der neun Kerzen.“, denken
sie sich, und die Kette fällt ab. Sie gehen, diese wenigen Schritte, dorthin,
wo die Mauer gefallen ist.
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