Die Sendung - Maria von Magdala (Teil 6)
Wo wart ihr, Seine Jünger, als Er sich hinabbegab in die
tiefste aller Verlassenheiten? Wo habt ihr, Seine Jünger, euch versteckt,
zitternd und ängstlich, als Er den Tod starb, der alle anderen umfasst? Wo
warst du, Simon Petrus, als Er sich der Unausweichlichkeit überließ? Wo warst
du, Simon Petrus, du Fels, der beim kleinsten Windhauch zu Sand zerbröselt? Wo
wart ihr, Seine Jünger, die ihr zuvor große Töne gespuckt habt?
Versteckt habt ihr euch, die Türe verschlossen, wie eure
Herzen, eure kleinen, furchtsamen, zitternden Herzen, und verbarrikadiert,
wimmernd und klagend. Doch es war nicht Sein Schicksal, sondern eures, das ihr
beweintet. Orientierungslos wart ihr, wie eine Herde Schafe, der der Hirte
abhanden gekommen war.
Nur Du, Du wandtest Dich nicht ab, denn Dein Herz war groß
und stark. Als Du am nächsten Morgen aus Deiner Ohnmacht erwachtest, und sahst,
dass auch die Nacht aller Nächte, ihr Ende fand, und das Leben obsiegte, Leben,
das Er verhieß.
„Bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus.“, hast
Du Ihm zugesagt, hat Er von Dir angenommen. Du hast Wort gehalten und gingst
„weit darüber hinaus“, zum Grab, in das man ihn gelegt hatte, doch der Stein,
der den Eingang verschloss, war weggerollt und Sein Leichnam verschwunden. Und
die Tränen liefen Dir über das Gesicht. Sollte das nun wirklich das Ende sein? Solltest
Du Dich wirklich so geirrt haben? Solltest Du wirklich so getäuscht worden
sein? Dein Herz sagte etwas anderes.
Alles und allem zum Trotz. Wolltest Du Dich wirklich vom bloßen Anschein
irreführen lassen?
Als Du aufsahst stand ein Mann vor Dir, den Du zunächst für
den Gärtner hieltst, denn Dein Blick war durch die Tränen getrübt.
„Sag mir wohin Du Ihn gelegt hast, Ihn, den meine Seele
liebt!“, sagtest Du, nein fordertest Du.
„Maria.“, sagte Er, nichts weiter, und doch hatte nur Einer
Dich je auf diese Art angesprochen, hat nur Einer auf diese einfache Weise Dein
Herz berührt und gerührt.
„Du lebst und bist bei mir. Bis zur Unausweichlichkeit und
weit darüber hinaus.“, sagtest Du, und Dein Herz ging über vor Freude.
„Ja, bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus. Du
hast Wort gehalten, als Einzige, Wort gehalten.“, sagte Er, und schloss Dich in
die Arme, küsste Dich auf den Mund, und eine wunderbare, ungeheure Kraft, floss
von Ihm zu Dir, eine Kraft, die alle menschliche Kraft bei weitem überstieg.
„Doch Du darfst mich nicht halten, denn ich bin noch nicht
zum Vater heimgekehrt. Aber gehe und erzähle es meinen Jüngern, dass ich
lebe.“, forderte Er Dich auf und ging ohne wegzugehen, verließ Dich ohne Dich
je wieder zu verlassen.
Er ging mit Dir, so wie Du mit Ihm, bis zur
Unausweichlichkeit, und weit darüber hinaus, mit der Kraft, die Er Dir
schenkte, und die Dich nie wieder im Stich ließ.
Wie sonst hättest Du es ausgehalten? Du bist zu den Jüngern
gegangen, hast gesagt, was Er Dir aufgetragen hatten, doch sie glaubten Dir
nicht. Erst als die Zeichen gut standen, wagten sie sich heraus aus ihrem Loch
und verkündeten die Botschaft, als hätte es Dich nie gegeben. Du warst die
Erste, der Er erschienen war, doch das war ganz schnell vergessen. Du warst die
Einzige, die mit Ihm gegangen war, bis zur Unausweichlichkeit, und weit darüber
hinaus. Abgestritten und abgedrängt ward Deine Größe, Dein Glaube und Deine
Liebe. Was blieb und weitergegeben wurde war ihre Feigheit, ihre
Kleingläubigkeit und ihre Ängste. Ob Er das so gewollt hatte?
2 Kommentare:
Ich bin sehr froh, dass ich deine Texte lesen durfte. Vielen Dank.
Und ich bin sehr froh, dass Du sie gelesen hast. Danke Dir!
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