Sehr geehrter Herr Ratzinger!
Ich weiß schon, Sie sind das Oberhaupt der katholischen
Kirche, was an sich schon ein Affront ist, bedeutet doch katholisch – wie Sie
natürlich wissen – allgemein. Doch was ist an dieser Kirche allgemein? Nicht
nur, dass jeder Andersgläubige per se ausgeschlossen ist, es sind auch die
Angehörigen der anderen christlichen Konfessionen Verdammte. Ob das im Sinne
Jesu sein kann, der keinen Unterschied machte, jeden annahm? Ganz abgesehen
einmal von all den Ausgestoßenen innerhalb dieser angeblich allgemeinen Kirche.
Ich weiß, dass Sie am Stuhl Petri sitzen und in dessen Nachfolge stehen, dem
Felsen, auf dem Jesus Seine Kirche errichten wollte – Petrus, der Seinen Herrn
in der Nacht drei Mal verleugnet hat. Ob das wohl wegweisend war für die
Geschichte der Kirche? Nicht seine Tränen, sondern sein Verrat?
Ich werde Sie dennoch, obwohl ich mir all dessen bewusst
bin, nicht mit Ihrem besonderen Titel ansprechen, denn das hieße Sie
herausheben aus der großen Schar der Gläubigen, die es trotz allem noch gibt.
Es ist wohl eine schwere Anschuldigung, die ich erhebe, aber nach dem was ich
gelernt habe, ist jemand Christ, der in der Nachfolge Christi steht, der in
seinem Leben versucht im christlichen Sinne zu handeln. Die Grundlage oder der
Wegweiser für dieses Handeln bildet die Hl. Schrift, die Sie ja wohl kennen,
trotzdem Sie eigentlich Dogmatiker sind. Und in jener Hl. Schrift steht
folgendes zu lesen:
„Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und
Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid ‚einer’ in Christus Jesus.“
(Gal. 3,28)
So steht es geschrieben, und dennoch erheben sich die Männer
über die Frauen, so weit, dass sie aus dem Altarraum vertrieben werden, mehr
noch, aus sämtlichen Ämtern, wo doch Jesus sich gerade auf starke Frauen
stützte, ja Seine Bewegung ohne die organisatorische Unterstützung der Frauen
gar nicht möglich gewesen wäre. Es gibt solche Sünder, die eingemummt und warm
gehalten werden im Schoß der Kirche und andere, die per se verstoßen werden. Da
erhebt sich das Recht über die Liebe, dem eigentlichen Grundpfeiler aller christlichen
Werte. Immer wieder sind in der Geschichte große, starke Männer und Frauen
selbst gegen Päpste aufgetreten, die sich hinter Prunk und Dogmatik
zurückgezogen haben und den Menschen nicht mehr sahen, den einzelnen, kleinen
Menschen, die andere selbst in das tiefste Elend begleiteten und mit ihnen
sind, die gibt es nach wie vor, aber Sie gehören nicht dazu. Es gibt sie noch,
die alles hinter sich lassen, Familie & Freunde, Hab & Gut, Ehre &
Amt, um mit denen zu leben, die ums tägliche Überleben kämpfen, aber Sie sind
der Gefangene des Vatikan, gefangen in der Last und Bürde des Amtes. Es gibt
sie noch, die ihr Leben hingeben für die anderen, die mit lauteren, friedvollen
Mitteln kämpfen für Gerechtigkeit und Lebenschancen, doch Sie gehören nicht
dazu. Und es gibt Millionen von Frauen, die tagtäglich all ihre Kraft
dareingeben sich um die zu sorgen, die nicht selbst für sich sorgen können,
Alte, Kranke, Verwundete an Leib & Seele, Kinder & Hilfsbedürftige,
Schwache & Gestrandete, und die dennoch fortgewiesen werden, verwiesen in
einen Winkel der Kirche, wo sie brav und fromm sein dürfen, aber bloß nicht den
Mund aufmachen sollen, außer für ein Amen, vielleicht. Von diesen Menschen lebt
die Kirche und atmet den Geist Christi, während Sie sich, weitab vom echten
Leben, darüber den Kopf zerbrechen ob es legitim ist Kondome zu benutzen oder
die Messe nur in Latein zu lesen wäre (was wieder ganz im Sinne Jesu wäre, denn
der sprach fließend Latein). Jesus wäre
es herzlich egal gewesen.
Ich werde nicht Ihren Ring küssen und nicht vor Ihnen knien.
Jesus erhebt die Knienden und will mit ihnen gehen, sie zu stützen. Dem will
ich folgen, so gut ich kann.
Nachdenklich und enttäuscht,
Nyx Nachtgedanken
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