Pflichtbewusstsein
Es war mittlerweile elf Uhr geworden, elf Uhr in der Nacht,
und ihr Sohn sollte schon seit drei Stunden schlafen, bloß tat er es nicht oder
zumindest nicht so richtig. Seit drei Stunden nämlich lief sie wohl alle
zwanzig Minuten hinauf um ihn zu beruhigen. Sie blieb dann immer ein paar
Minuten an seinem Bett sitzen, hielt seine Hand und sah strich ihm das Haar aus
der Stirn, bis er sich wieder beruhigt hatte und einschlief. Dann schlich sie
sich auf Zehenspitzen wieder hinunter, um kurze Zeit später wieder
hinaufzuhasten.
„Sag mal, wie lange gedenkst Du das jetzt noch so weiter zu
machen?“, fragte er ungeduldig.
„So lange es notwendig ist“, erwiderte sie, sich neben ihm
auf die Couch fallen lassend, matt und ausgelaugt.
„Ich finde, Du verwöhnst den Jungen viel zu sehr“, sagte er
entschieden.
„Es geht ihm nicht gut. Irgendetwas stimmt da nicht“,
entgegnete sie besorgt.
„Ich glaube eher, dass bei Dir was nicht stimmt. Merkst Du
denn nicht, dass er Dich nur verarscht?“, fragte er verärgert.
„Nein, das tut er nicht. Ich sagte ja bereits, irgendetwas
stimmt nicht mit ihm, ich spüre das“, sagte sie.
„Was ihr Frauen immer spürt! Und dabei übersiehst Du das
Naheliegendste, dass er nur ausprobieren möchte wie lange er Dich laufen lassen
kann bis Du die Geduld verlierst. Er testet Dich. Merkst Du das denn nicht?“,
erwiderte er.
„Sei bitte nicht so laut. Er muss das nicht unbedingt hören,
wenn Du mit mir streitest. Er hat doch gleich Angst, dass wir uns trennen
könnten, so sensibel wie er nun mal ist“, bat sie ihn.
„Erstens streitet hier niemand und zweitens ist er nicht
sensibel, sondern bloß von Dir verzärtelt. Wie oft soll ich Dir noch sagen, das
ist ein Junge und der muss eines Tages seinen Mann stehen, dort draußen in der
Welt. Du tust ihm mit Deiner Verwöhnerei nichts Gutes“, warf er barsch ein.
„Bitte, bitte, sei nicht so laut“, sagte sie bloß.
„Und überhaupt, wo bleibe ich? Ja, es ist schon wichtig,
dass Du Dich um ihn kümmerst, aber irgendwann habe ich auch ein Recht auf Dich.
Er hat Dich schließlich den ganzen Tag für sich, und ich Dich nur diese wenigen
Stunden am Abend. Da sollte es doch verdammt nochmal möglich sein, dass Ruhe
ist“, sagte er erbost.
„Ich bin ja eh da bei Dir“, sagte sie entgeistert.
„Ja, aber ich dachte, wir könnten einmal wieder so richtig
geilen Sex haben“, meinte er erwartungsvoll.
„Ich glaube nicht, dass das jetzt passend ist“, erwiderte
sie.
„Komm schon, ich habe uns einen Porno eingelegt. Da wirst Du
schon auf Touren kommen“, versuchte er sie zu überreden.
„Und warum können wir nicht einfach nur ein bisschen
kuscheln? Du weißt doch genau, dass mich diese Pornos eher abturnen, und vor
allem weiß ich ja nicht ob er Kleine nochmals munter wird“, sagte sie.
„Ok, dann halt kuscheln“, schien er sich zufrieden zu geben,
doch als sie sich zu ihm legte, da auf der Couch, drehte er nun doch den Porno
auf, schob ihr das Nachthemd hinauf und legte sich auf sie.
„Gib doch zu, dass Du das auch willst“, sagte er, als er
sich nun ohne weitere Vorreden holte was er wollte.
„Nein, ich will nicht“, entgegnete sie, aber sie lies ihn
gewähren.
„Aber ich spüre doch, dass Du das willst“, meinte er bloß.
„Das, was Du spürst, ist nicht mein Willen, sondern eine
natürliche Schutzfunktion meines Körpers“, gab sie zurück. Er sagte nichts
weiter. Wenige Minuten später rollte er zufrieden von ihr herunter.
„Und, war ich gut?“, fragte er, doch sie blieb ihm die
Antwort schuldig, denn sie vernahm eine kleine, verunsicherte Stimme, die sie
rief und der sie folgte.
„Geh Du nur. Verzieh mir meinen Sohn. Du wirst schon noch
sehen was Du davon hast“, hörte sie ihn hinter sich, doch es war ihr in dem
Moment egal, denn ihr Sohn brauchte sie. Als sie wieder herunter kam war er
eingeschlafen. Nun konnte sie auch endlich ins Bett gehen.
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