Niemals wäre mir das
eingefallen ...
Ich ging so meinen Weg, wie so
viele von uns, nachdem sie schon mehrere Jahrzehnte in diesem Leben zugebracht
haben, geradlinig, ohne besondere Umwege und Hindernisse. Bisweilen lag da wohl
noch das eine oder andere Steinchen, das da vielleicht zwang das Bein ein wenig
höher zu heben als gewohnt, aber ansonsten war alles geregelt. Der weg war
gerade und überschaubar. Keine besonderen Vorkommnisse zeichneten sich an,
keine Abweichungen kamen in den Blick. Zu Anfang des Weges, da war es ein wenig
anders gewesen. Da waren noch Unsicherheiten und jede Menge
Entscheidungsmöglichkeiten, die herausforderten, aber auch mürbe machten. Da
wünschte ich mir nichts mehr, als diesen einen geraden Weg für mich zu finden,
auf dass da endlich Ruhe einkehren und das ewige Auf und Ab zwischen Euphorie
und Apathie aufhören möge. Mittlerweile hatte ich genau das erreicht was ich
mir damals wünschte. Ich hatte es also geschafft, und ging den Weg in Ruhe und
Beschaulichkeit. Es war wohl auch langweilig und wenig zufriedenstellend, aber
das war wohl der Preis dafür, für die Ruhe, die Beschaulichkeit und die
Vorhersehbarkeit. Man kann ja schließlich nicht alles haben! Immer wieder zwang
sich dieser Gedanke hervor, dass da vielleicht doch noch mehr sein könnte, und
immer wieder gelang es mir ihn wieder einzusperren. Aber er war nachhaltig und
gewitzt. Durch die kleinsten Ritzen vermochte er zu schlüpfen und die kleinste
Unachtsamkeit auszunutzen. Aber auch ich blieb nicht untätig und wusste ihn
immer besser zu verstecken, vor mir. So ging ich meinen Weg, ruhig, beschaulich
und bescheiden.
Wogegen war ich da gerannt? Gerade
eben war das noch nicht dagewesen. Wo war das hergekommen? Ich rieb mir meine
schmerzende Nase. Hätte denn da keiner ein Hinweisschild hinstellen können?
Einen so zu erschrecken, aufzustören, das gehört sich nicht. Da war es
eingefallen, auf meinen Weg, ohne Warnung, ohne Zeichen, ohne Hinweis. Ich
versuchte daran vorbeizusehen, doch es ging nicht, also sah ich mal genauer
hin, und da standest Du und warst wohl genau so verdattert wie ich. Niemals
wäre mir das eingefallen.
"Hör mal, musst Du gerade da
stehen, auf meinem Weg?", fragte ich herausfordernd.
"Es ist genau umgekehrt, Du
stehst mir im Weg.", entgegnetest Du, die Herausforderung annehmend.
"Das kann nicht sein. Ich bin
schon die ganze Zeit hier gegangen, alles war klar und übersichtlich. Und dann
warst Du plötzlich da."
"Hör mal, ich werde doch
wissen was ich weiß, und genau das war bei mir der Fall. Es war mein Weg,
gerade und eindeutig. Du hast Dich mir in den Weg gestellt."
"Aber was war es dann, das es
machte, dass wir auf unserem Weg einfielen, Du in meinen und ich in Deinen,
einfach so, ohne Vorwarnung?"
"Ich kann Dir nicht sagen was
es war, aber ich frage mich warum es einfach so passiert, dieses Einfallen,
dieses Da-sein?"
"Warum gerade jetzt, warum
gerade Du?"
"Fragst Du eigentlich immer so
viel?", fragtest Du, unwillkürlich lächelnd
"Und Du, fragst Du immer so
viel?", bemerkte ich, Dein Lächeln erwidernd.
"Ich möchte verstehen was
passiert ist und durch wen und wieso."
"Vielleicht gibt es einfach
Dinge, die nicht zu verstehen sind oder einfach jetzt noch nicht."
"Dann lass es uns doch
gemeinsam herausfinden."
Niemals wäre es mir eingefallen
....
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