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Dia.log (6): Im Leben gehalten
Ich sitze am Fenster und sehe hinaus. Die Welt ist so weit
und unübersichtlich. So gänzlich uneinnehmbar und so befremdlich. Ich sehe
hinaus und sehe Dinge, die ich benennen kann, aber nicht kenne, die in mir die
Weite der Verlorenheit komponieren. Deshalb gehe ich weg vom Fenster um meinen
Blick einzuschränken, um nicht Gefahr zu laufen mich dieser Weite der
Verlorenheit preiszugeben, doch auch die Enge des Raumes vermag mich nicht
meine Zersplitterung, meine Entfremdung aufzuheben. Deshalb schließe ich die
Augen und wende mich in mich, doch in mir finde ich ein leeres, karges Feld.
Und die Weite begleitet mich bis ins Innerste. Doch wohin sollte ich noch
fliehen aus mir, wohin mich wenden, wo mich verstecken? Ich sehne mich und weiß
nicht wonach. Ich verzehre mich und kenne nicht das Ziel. Alles scheint sich in
dieser unendlichen Leere zu verlieren, zu verwehen und unerreichbar zu sein. Da
gibt es nichts woran ich mich halten, woran ich mich klammern, worauf ich mich
beziehen könnte. Kein Halt, kein Weg, keine Aussicht, und die stumpfe
Unübersichtlichkeit trotz der Leere setzt sich in meine Gedanken, lässt sie
verstummen, erlahmen. Wohin mich auch wenden, wenn es nichts gibt, was einer
Zuwendung wert wäre? Es flimmert vor meinen Augen und die Wirklichkeit
präsentiert sich wie ein Laser, der sich in mein Auge brennt und aushöhlt, wie
die Landschaft, wie den Moment. Stumpf, blind und starr verharre ich, weil es
nichts mehr zu tun gibt, weil die Hoffnung entschwand. Weil alles war. Weil
alles geschehen. Doch da spüre ich, eine sanfte Berührung. Meine Hand wird ergriffen
und im ersten Moment will ich bloß davonlaufen, mitten hinein in diese
Landschaft, die den Tod bedeutet, mitten hinein in die Ausweglosigkeit und in
den Zirkel, aus dem ich eigentlich heraus will, doch in meiner Lähmung finde
ich kein Handeln und kein Wollen mehr, und so überlasse ich meine Hand der
Berührung, weil ich nichts mehr vermag. Ich spüre, dass meine Hand berührt,
ergriffen und umfasst wird, und in der inneren Landschaft meiner Selbst beginnt
es zu regnen und der Regen bringt das Grün, und das Leben, und das Werden
zurück. Meine Finger beginnen sich zu bewegen und meine Hand umfasst die Hand,
die sie hält. Frisches, saftiges, lebendiges Grün, das mich innerlich
erfrischt. Die Sonne steht heiter am Himmel und lächelt mir zu. Aufmunternd,
und endlich vermag ich die Augen zu öffnen. Du hockst so wie ich am Boden, in
der Ecke, in die ich mich zurückgezogen habe und hältst meine Hand. Wie lange
wohl schon? Wie lange es gedauert hat, bis ich die Berührung annehmen konnte?
Es tut nichts zur Sache. Geduldig hast Du darauf gewartet, bis ich so weit bin,
dass ich Deine Berührung annehmen konnte, dass des mir möglich war die Augen zu
öffnen und Deine Annäherung zu erwidern. Mein Blick fällt in den Deinen und
lässt ihn fliegen. Und die Weite des Raumes ändert sich nicht, aber sie ist
nicht mehr bedrohlich, sondern mich schützend umgebend. „Du, ich bin froh, dass
Du wieder da bist“, sagst Du leise, und es ist nichts weiter. Bloß diese paar
Worte, die mich zurückbringen und Geborgenheit schenken, die das Licht
entzünden und klar sehen lassen, die mich erkennen lassen, dass das was ich für
eine Bedrohung hielt, eine Einladung darstellt, dass das, was Du mir bist das
Leben und die Hoffnung und die Sehnsucht und das Wagnis und das Lachen
möglichen machen. Da ist kein Platz mehr für Sorge oder Furcht. Ich werde nicht
mehr zurückrutschen in die Außenstellung des Es, denn Du hast mich Du werden
lassen, in einem Blick, in einem Wort, in einer Berührung, wo Du mich
zurückholtest in das Fließen der Worte, in das Fließen des Lebens, aus dem ich
herausgefallen war. <a href="http://www.bilderkostenlos.org/">Bilderkostenlos.org</a>Bilder kostenlos
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