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Dia.log (7): Es gibt kein Zurück
Ich habe es gekostet, das Wunder des Du-geworden-seins,
das Wunder der Menschwerdung, der Inkarnation, der fleischgewordenen Annahme.
Ich habe mich daran gesättigt und gelabt, an dem einen Wort, das etwas aus mir
machte, was ich zuvor nicht war. Oder doch? Hat es nicht eine Zeit gegeben, in
der ich es war? Hat es nicht eine Zeit gegeben, in dem ich das Wort nicht als
gesprochenes gewahrte, sondern als seiendes, in der Vorsprachlichkeit meiner
Existenz, in der ich noch so nahe am Sein war und noch niemand davon abgenabelt
hatte? Hat es nicht eine Zeit gegeben, in der ich es einfach nur war ohne es
mir zuvor bewusst machen zu müssen? Hat es nicht eine Zeit gegeben der
vollkommenen Unschuld und Nähe? Hat es nicht eine Zeit gegeben, in der ich ganz
war? Dia.log, das Fließen der Worte zwischen Dir und mir. Allzu leicht lassen
wir uns dazu verführen, dass diese Worte gesprochene sein müssen, artikulierte.
Dabei ist gerade der Dia.log aus gesprochenen, artikulierten Worten, ein
gebrochener. In seiner Ursprünglichkeit bedurfte und bedarf der Dia.log keiner
gesprochener, artikulierter Worte um im Fluss zu bleiben, sondern nur den
Augen.blick, den Blick der Augen. Noch bevor wir sprechen konnten, sprachen wir
uns zu, im ersten Augenaufschlag schenkten wir uns und empfingen. Es war nicht
notwendig Bitte oder Danke zu sagen, war nicht notwendig Du oder Ich zu sagen,
war nicht notwendig zu erklären, denn erst mit den gesprochenen, artikulierten
Worten kommt das Missverständnis zwischen uns, denn diese Worte sind allenfalls
und nur in den wohlmeinendsten Ohren Annäherung an das Eigentliche, Lebendige,
an das Sein. Das ist seine Gebrochenheit. Im Wort der Vorsprachlichkeit sind
wir, geben uns als wir selbst, empfangen als wir selbst und bleiben heil. Noch
bevor wir sprechen, uns artikulieren können, sind wir aufeinander-hin. Wir sind
offen und durchlässig, aufnahmebereit und gebensfähig. Doch dann sollen wir uns
artikulieren, und wir lernen es, lernen die Worte und ihre Bedeutung. Ein Tisch
ist ein Tisch. Es geht noch an, wenn ich auf den Tisch weisen kann, wenn ich
von ihm spreche. Dieser Tisch ist der Tisch, von dem ich spreche. Aber schon
wenn ich von einem Tisch spreche, der
nicht da ist, so denkst Du an einen anderen Tisch als ich. So kommt es zu den
Missverständnissen. Mühsam lernen wir Worte, die uns nicht nur einander nicht
näher bringen, sondern uns voneinander entfernen. Mühsam lernen wir Worte, die uns die Welt näher bringen
sollen, weil alle meinen wir müssten uns doch verständigen können, können uns
nur so einander verbinden, und dabei meinen sie eigentlich, dass alle die
Ursprache verlieren müssen, wenn sie ihnen schon genommen wurde, diese
Ursprache in der Wir uns selbst das Wort und das Zueinander und das Verstehen
sind. Im Anfang sind wir es, in aller
Selbstverständlichkeit, um es uns dann abtrainieren zu lassen, so sehr, dass
wir unserer eigenen Bedeutsamkeit misstrauen, die doch so offensichtlich ist.
Mühsam und verunsichert müssen wir es erst wieder lernen, zu vertrauen auf
unser Innerstes. Wir stopfen die Löcher, die uns durchlässig machten auf Dich,
denn es wird uns lange genug eingeredet, dass wir misstrauen müssen, so wie
allen anderen, und damit wird die Angst vor dem Verrat zur sich selbst
erfüllenden Prophezeiung, denn wer den Verrat fürchtet und ihm entgehen will,
begeht ihn, indem er dem anderen die Möglichkeit unterstellt. Doch eines Tages
kann es sein, das es uns wieder begegnet, dieses Unvoreingenommen-sein und uns
erhebt in das vorsprachliche, unartikulierte, gelebte Du-Sein, in den Dia.log,
der Du und ich heißt, und wenn wir das erleben durften, werden wir dahinter nie
mehr Zurück können und uns immer danach sehnen, weil wir wissen, dass es sein
kann, weil wir wissen, dass wir es sein können, lebendiger Dia.log.
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