1604 Alles Leben ist Wirtschaft? (4)


Vom Zwang zu brauchen


Nun stellen wir uns einmal vor, wir sitzen, satt und zufrieden, in einer warmen Behausung und es geht uns gut. Unsere Existenzbedürfnisse sind erfüllt. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und neben den körperlichen Bedürfnissen, gibt es auch andere, die sog. Grund- und Luxusbedürfnisse, also all die Bedürfnisse, die sich einstellen, auch wenn wir überleben würden, wenn sie nicht befriedigt würden. War die Abgrenzung bei den Existenzbedürfnissen noch relativ einfach, so ist es das bei den Grund- und Luxusbedürfnissen nicht mehr so. Für manche von uns gehören beispielsweise Bücher zu den Grundbedürfnissen, für andere bereits zu den Luxusbedürfnissen, das sie für diese unter die Kategorie fallen „Dinge, die die Welt nicht braucht“.

Aber wie auch immer wir es definieren, nach persönlichen Präferenzen, so behaupte ich schlichtweg, die meisten von uns sind von Dingen umgeben, die sie nicht brauchen, und von denen sie im Moment des Kaufes meinten, dass sie sie unbedingt brauchen.

Dinge, die die Welt nicht braucht.

Vielleicht ist es ein Haus, das größer ist, als wir es eigentlich brauchen. Dafür liegt es an der Peripherie und es bedeutet ein Abgeschnitten-sein von sozialen Beziehungen, denn so wie das Einfamilienhaus allein steht, so auch seine Bewohner. Es ist quasi symptomatisch. Vielleicht ist es das Auto, das wir brauchen um die Strecke von 500 m zum Bäcker zurückzulegen, aber dafür auf den kleinen Plausch verzichten, wenn wir die Nachbarin auf unserem Spaziergang zum Bäcker treffen. Vielleicht sind es die Fitnessgeräte, die mit den besten Vorsätzen gekauft und zusammengebaut, dafür aber noch nie genutzt wurden, wobei man genauso gut dem hiesigen Sportangebot frönen könnte. Vielleicht ist es ganz banal die 527 DVD, die man sich auch noch unbedingt anschauen muss, was natürlich billiger kommt als Kino, aber den Film selbst schauen wir wieder alleine.

Aber ja, es ist doch so verführerisch, wenn man sich ab und zu was gönnt, wie es heißt, denn schließlich arbeiten wir auch alle schwer für unser Geld, und nur dafür. Dazu kommen noch die Versprechungen aus der Werbung, die so verlockend sind, dass man das doch haben muss, um einer bestimmten Gruppe zuzugehören, oder um zu beweisen, ich bin gut und erfolgreich, denn ich kann mir das leisten, den Stern am Auto, das Krokodil am T-Shirt und das Häkchen am Sportdress. Aber egal wohin ich schaue, was es auch ist und wie wir die Dinge definieren, es grenzt uns fast immer ab von

Dingen, die wir als Menschen brauchen.

Ein gemeinsamer Spaziergang durch den Wald, statt dem neuen Fitnessdress. Ein gemeinsamer Filmeabend, statt allein DVD zu gucken oder die Spielerunde.

Es ist das Gemeinsam, das wir brauchen, das nicht gekauft und nicht eingefordert werden kann. Es ist das Soziale, das uns Menschen zu Menschen macht, und das sich nicht durch Position oder Stellung zwingen lässt, sondern nichts fordert als uns selbst.

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