Veränderungen
Max Mank war alt. Doch
erst seit seine Frau gestorben war fühlte er es deutlich. Bis dahin war es ihm
nicht wirklich aufgefallen. Zuerst waren die Kinder aus- und weggezogen. Nach
und nach verließen sie die Freunde, und zuletzt auch seine Frau. Sie war seine
letzte Stütze gewesen, zumindest seit der Pensionierung vor nunmehr zehn
Jahren. Nicht, dass sie eine besonders glückliche Ehe geführt hätten. Es war
eben Ehe und es war wie bei allen anderen auch, nur wenn man keinen Beruf mehr
hat und sich der Kontakt zur Außenwelt auf das Grüßen des Briefträgers oder ein
paar Worte mit der Verkäuferin in der Bäckerei beschränkte, dann war man
einfach aufeinander angewiesen.
Seine Frau war nie
arbeiten gegangen, denn er hatte sein ganzes Leben lang gut verdient, gut genug
um drei Kinder großzuziehen, sich ein kleines Häuschen in der Stadt leisten und
zumindest zwei Mal im Jahr auf Urlaub fahren zu können. Das war seine
Vorstellung von Leben gewesen, umsorgt und behütet zu sein, wenn er nach einem
arbeitsreichen Tag müde und abgespannt nach Hause kam, dann wartete ein liebes
Frauchen mit dem Essen und netten Worten auf ihn. Er brachte das Geld und
kümmerte sich um sonst nichts. Sie besorgte den Haushalt, die Kinder und eben
all so weibliche Kleinigkeiten. Damit wollte er nichts zu tun haben. Das war
ganz allein ihre Sache gewesen, und jetzt, da er allein war, musste er jeden
Tag aufs Neue feststellen, dass sie das wirklich perfekt gemeistert hatte.
Jedes Mal, wenn er etwas
suchte, dachte er, Maria hätte es gewusst. Jedes Mal, wenn ihm die Milch oder
das Brot ausging, dachte er, Maria wäre so etwas nie passiert. Mittlerweile war
es ein Jahr her, dass sie gestorben war. Am Anfang war er gänzlich verloren,
wusste er doch noch nicht einmal wo der Zucker stand in der Küche oder wie der
Ofen zu benutzen war. Es war ihm, als wäre er in ein völlig fremdes Haus
eingezogen, das noch dazu viel zu groß war für ihn allein. Nach und nach
schaffte er es zumindest das zum Überleben notwendige selbst zu machen, aber
nein, Maria hätte alles besser gemacht. Warum hatte sie ihn bloß alleine lassen
müssen? Warum hatte er nicht vor ihr gehen dürfen?
Ein Jahr war vergangen,
und er hatte sein Leben immer noch nicht wirklich im Griff. Würde er es je
wirklich in den Griff bekommen? Alles erschien ihm so mühsam, als müsste er
völlig neu zu leben beginnen, völlig neu lernen. Dabei waren es doch zumeist
nur Kleinigkeiten, wie das Einschalten des Geschirrspülers oder der
Waschmaschine. Zu Anfang hatte er seine Wäsche in den Korb getan, so wie er es
seit Jahrzehnten gewohnt war. Ob er sich erwartete, dass der Korb sich wie von
Zauberhand leerte und dann die sauber gewaschene und gebügelte Wäsche im Kasten
landete? Wohl kaum, aber er war es so gewohnt. Irgendwann ging sein Wäschevorrat
zu Ende. Irgendwann quoll der Wäschekorb über. Dann musste er sich wohl oder
übel mit der Waschmaschine auseinandersetzen. Wie hatte seine Frau das nur
gemacht? Wie hatte sie das alles geschafft?
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