Fakten
Chefinspektor
Krämer saß mit Magdalena März, seiner Kollegin, in einem kleinen Restaurant in
der Nähe seines Büros.
„Nun, möchten Sie
mir erzählen was Sie über die Familie erfahren haben?“, fragte Chefinspektor
Krämer, nachdem sie fertig gegessen hatten, denn er war der Ansicht, dass man
immer eine Sache nach der anderen tun sollte. Nun, da er satt war, konnte er
seiner Kollegin seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen, die auch pflichtbewusst
ihr Tablet auspackte, um ihre Notizen zu öffnen.
„Die Tote heißt
Marlies Merkado. In ihren Kreisen war sie als Marlene bekannt. Sie war gerade
mal 20 Jahre alt, aber es wurde ihr eine große Zukunft vorausgesagt. Damit ist
es jetzt ja wohl vorbei“, begann Magdalena März zu berichten.
„Zukunft als
was?“, unterbrach sie der Chefinspektor, während er seinen Kaffee umrührte.
„Als
Darstellerin, wurde mir gesagt. Was auch immer das heißen mag“, antwortete
Magdalena März, während sie sich fragte warum Max Krämer ständig in seinem
Kaffee umrührte, wo er weder Zucker noch Milch hineingegeben hatte, „Ihre
Schwester, Beatrix O’Fallon, und unsere Hauptverdächtige, ist zehn Jahre älter.
Die letzten zehn Jahre verbrachte sie in
Irland. Nach dem Tod ihres Vaters, Stefan Merkado, hat sie sich mit Conor
O’Fallon vermählt und hat Hals über Kopf das Land verlassen. Ihre kleine
Schwester überließ sie die Obhut eines Internates. Nur in den Ferien fuhr
Marlies regelmäßig zu ihrer Schwester nach Irland.“
„Was war mit der
Mutter?“, unterbrach Max Krämer abermals.
„Das ist eine
interessante Geschichte. Stefan und Anna Merkado waren mehr als ein Ehepaar.
Sie scheinen so etwas wie eine symbiotische Beziehung gehabt zu haben. Man
könnte sagen, Anna Merkado war ihrem Mann hörig. Zu seinem Geburtstag schickte
sie die Mädchen zu einer Tante um mit ihrem Mann alleine zu sein. Offenbar
wollte sie sehr intensiv feiern und besorgte Kokain. Dieses jedoch war
gestreckt. Allerdings nicht mit den gängigen Zusatzstoffen, sondern mit
Strychnin. Stefan Merkado war sofort tot. Andere meinen Anna Merkado hatte das
Strychnin zugesetzt. Sie hatte vor mit ihrem Mann zu sterben, damit sie ihn
endlich ganz für sich hatte, doch sie war so paralysiert, als sie ihn tot vor
sich liegen sah, dass sie nichts mehr machen konnte. Das meint zumindest ihr
Psychiater. Die Mädchen fanden den toten Vater und die Mutter, die in einem
Stuhl saß und unentwegt sagte, dass er doch nur schlafe. Seitdem ist sie in der
Psychiatrie“, erzählte Magdalena März.
„Die Mutter hat
also den Vater ermordet“, fasste Max Krämer prosaisch zusammen.
„Kann man so
sagen. Nur belangt kann sie dafür nicht werden, da sie – wie gesagt – nicht
zurechnungsfähig ist“, entgegnete Magdalena März.
„Und wenn sie das
nur gespielt hatte?“, fragte Max Krämer nachdenklich.
„Seit zehn
Jahren?“, fragte Magdalena März, „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das
zehn Jahre lange durchhält. Schließlich wird sie regelmäßig untersucht. Aber
eines ist sicher, Mord scheint in der Familie zu liegen. Angeblich hat Beatrix
das Temperament ihrer Mutter geerbt, das heißt die Bedingungslosigkeit und wohl
auch Rücksichtslosigkeit in allem was sie tut. Damit komme ich zum zweiten
Mord. Gestern abend, so erzählte Martin Rosenzweit, der unter dem Künstlernamen
Le Point Noir bekannt ist, dass er sie gestern zum ersten Mal seit zehn Jahren
gesehen hatte. Nach seiner Darstellung hatte Beatrix in vor zehn Jahren einfach
im Stich gelassen und war quasi in ihre Ehe geflohen, mit diesem Verleger.
Allerdings glaubte sie, dass Martin Rosenzweig sie versetzt hatte. Er war
gerade auf dem Weg zum Treffpunkt, als er von einem betrunkenen Autofahrer
angefahren wurde. Monatelang war er im Krankenhaus, doch vor allem hatte er
keine Möglichkeit Beatrix eine Nachricht zukommen zu lassen, denn sie war auf
und davon, und Martin selbst wurde Tag und Nacht von seiner Mutter bewacht, die
von Anfang an gegen die Beziehung war.“
„Eine Frau von
schnellem Entschluss“, fasste Max Krämer zusammen, „Es erscheint mir immer
wahrscheinlicher, dass sie es wirklich getan hat, und dennoch, die Frau, die
ich kennenlernte war zwar kühl, aber ganz und gar nicht emotional, als wäre der
Tod ihrer Schwester etwas, was mit ihr nichts zu tun hatte. Das passt nicht
ganz ins Bild.“
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