Alles von vorne
Franz F. jun.
hatte eine Frau geheiratet, die sich Mara nannte und keine weiße Schürze besaß.
Nun, es hätte ja nicht unbedingt eine weiße sein müssen. Es hätte auch jede
andere Farbe sein können. Wichtig war nur, dass sie eine Schürze besaß. Dass
dies nicht der Fall war, das hätte Franz F. jun. eigentlich zu denken geben
sollen. Aber vielleicht meinte er, dass sie die Schürze erst brauchte, wenn sie
einen gemeinsamen Hausstand haben würden. Also schenkte er ihr eine blütenweiße
Schürze, so wie er es von seiner Mutter kannte. Doch Mara schien sich nicht
darüber zu freuen. Er hätte doch die bunte nehmen sollen. Nicht nur, dass sie
ihn nicht umsorgte wie seine Mutter, nein, er musste sogar selbst Hand anlegen
im Haushalt.
„Und Du musst
tatsächlich Staub saugen und die Waschmaschine befüllen und gar bügeln?“,
fragte Anna F. zum wiederholten Mal, als ihr Sohn wieder einmal zum Essen zu
ihr kam.
„Ja, das macht
man heutzutage so, meint Mara“, entgegnete Franz F. jun. knapp, aber Anna F.
war wie vor den Kopf gestoßen. Er sollte seinen Mann stehen, dort draußen in
der Welt, aber für Hausarbeit, dafür hatte sie ihn nicht erzogen. Der Arme
musste das alles lernen und seine Frau schien wirklich unerbittlich zu sein.
Sie ließ ihn einfach nicht damit in Ruhe. Natürlich hatte Anna F. schon davon
gehört, dass das nun alles anders war. Es war auch unvermeidlich damit
konfrontiert zu werden, aber verstehen konnte sie es nicht, denn die Regelung
war ganz einfach und nachvollziehbar. Warum musste man sich in Lebensbereiche
einmischen und alles durcheinander bringen, wenn doch alles so klar und zum
Wohlgefallen aller geregelt war?
„Aber Du wirst
sehen, wenn ihr einmal Kinder habt, dann wird alles anders. Dann wird sie zu
Hause bleiben und sich um alles kümmern“, versuchte Anna F. ihren Sohn zu
trösten. Doch sie sollte sich irren, denn auch als die Kinder da waren ging
Mara weiter arbeiten und die Belastung für Franz F. jun. wurde immer größer.
Arbeit und Hausarbeit und Kinderarbeit. Es wurde von seiner Frau erwartet, dass
er sich an allem beteiligte.
„So einfach wäre
es, wenn Du zu Hause bliebst“, wagte er einmal zu sagen, dann wäre die
Belastung für uns alle nicht so groß.
„Du hast recht.
Aber wenn es Dir zu viel ist, dann kannst Du zu Hause bleiben und ich gehe
weiter arbeiten“, entgegnete Mara. Darauf wusste Franz F. jun. nichts zu
erwidern. Alles schien so verkehrt. Immer öfter war er nun wieder bei seiner
Mutter anzutreffen, und heimlich schleuste er Anna F. in die Wohnung ein, denn
sie musste ihren Sohn unterstützen, indem sie die Hausarbeit für ihn erledigte.
„Nein, das ist
keine Arbeit für einen Mann“, dachte sie bei sich. Wie arm doch die Männer
heutzutage waren. Seine Frau stand auch nicht auf um ihm Frühstück zu machen.
Das musste er tatsächlich selber machen. Nicht ein einziges Mal hatte Franz F.
sen. das machen müssen. Egal wann, Anna F. war immer aufgestanden. Und wenn
keine Zeit war zu kochen, wie Mara meinte, dann gab es schon mal was Fertiges.
Auch das hätte Anna F. in ihrem Haus niemals geduldet. Eine Frau muss für ihre
Familie sorgen, das stand für sie fest. Es war ihre eigentliche, heilige
Pflicht. Immer öfter kam Franz F. jun. zu seiner Mutter. War es zunächst nur
sporadisch gewesen, so kam er mittlerweile fast jeden Tag, und irgendwann stand
er mit dem Koffer vor ihrer Türe.
„Meinst Du, ich
kann mein altes Kinderzimmer wieder beziehen?“, fragte er vorsichtig.
„Was möchtest Du
essen?“, entgegnete Anna F. schlicht, band sich die weiße Schürze um und ging
in die Küche um für ihren Sohn zu kochen.
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