Das Symbol
Diese Angst hatte
etwas Lähmendes, denn ich konnte niemals sagen wann sie zuschlagen. Doch die
Gefahr war immer präsent, und es musste auch nicht heute oder morgen sein. Oft
konnten viele Jahre vergehen. Zeit genug, um sich in Sicherheit zu wiegen, doch
dann kam es, wie ein Schlag sus heiterem Himmel über einen, wenn man nicht mehr
damit rechnete.
„Vielleicht war
es das, was ich gesehen habe, dort am Flughafen, was mich so in Panik geraten
ließ“, mutmaße ich nun.
„Das klingt
natürlich sehr plausibel. Versuch Dich zu erinnern“, sagt Nona abwägend.
„Ich zermartere
mir schon die ganze Zeit das Hirn. Das einige was mir einfällt ist eine Hand.
Möglich, dass es das Symbol war, aber das war immer an der Innenseite des
Handgelenkes eintätowiert und ich kann noch nicht einmal sagen ob mir diese
Hand, die mich schaudern ließ, den Rücken oder die Innenfläche zeigte. Es war
auf jeden Fall schlimm genug, dass ich Hals über Kopf davonlief, dabei bin ich
normalerweise gar nicht kopflos. Es kann eigentlich gar nichts anderes gewesen
sein. Und doch, ich kann es nicht sagen, nicht mit letzter Gewissheit. Es war
so unwirklich, und doch gleichzeitig so deutlich ...“, finde ich mich selbst in
meinen Gedanken nicht mehr zurecht.
„Was ist das für
ein Symbol, das sie am Handgelenk tätowiert haben?“, fragt Lana nach.
„Ein schlichtes
Pentagramm“, erwidere ich kurz.
„Also ein relativ
unscheinbares Symbol. Wir haben uns längst daran gewöhnt. Unsere Welt ist
überfrachtet von Symbolen. Es fällt eigentlich nicht weiter auf. Auch
Tätowierungen nimmt man kaum mehr wahr, weil sie so überhand nehmen und selbst
in der guten Gesellschaft, in der sogenannten, keine Ächtung mehr finden. Aber
ich würde sagen, Du lässt es jetzt einmal ruhen. Vielleicht kommt es noch“,
versucht Lana mich zu beruhigen, „Wir haben jetzt was zu erledigen.“
„Ach, haben wir
das?“, entgegnet Nona stirnrunzelnd, „Und was bitte soll das sein?“
„Wir fahren am
Flughafen und schauen mal was dort los ist“, erklärt Lana wie
selbstverständlich, „Ich weiß ja nicht ob das funktioniert, wenn Du nicht auf
der Boarding Liste stehst.“
„Ich stehe aber
drauf“, gebe ich zurück, „Ich habe das kurz einmal gemacht.“
„Wie hast Du das
gemacht?“, fragt Nona erstaunt.
„Hör mal, das ist
mein Geschäft, und die Sicherheitsvorkehrungen bei den Daten am Flughafen sind
alles andere als berauschend, also zumindest für meine Begriffe“, erkläre ich,
nicht ohne ein klein wenig Stolz, wie ich zugeben muss.
„Dann wäre das ja
geklärt“, wirft Lana ein, „Aber jetzt lass uns fahren. Wir sollten sehen wie
die Lage ist.“
„Wirst Du noch da
sein, wenn wir zurück kommen?“, fragt Nona unvermittelt und sieht mich
skeptisch an.
„Wo soll ich denn
hingehen?“, frage ich, und versuche meiner Aussage einen scherzhaften Unterton
zu verleihen, doch ich merke, dass es mir nicht gelingt. Es klingt eher nach
dem sprichwörtlichen Lachen, das im Hals stecken bleibt. Mir wird nämlich
bewusst, dass sie mich hier allein lassen wollten, und was wäre, wenn es
wiederkommt. Wohin könnte ich jetzt noch fliehen? Vielleicht war es wirklich
einer vom Konsortium, der mich davonlaufen sah und sie haben mich verfolgt, bis
hierher, und warteten nun nur auf eine Gelegenheit mich alleine anzutreffen.
Niemand würde irgendetwas merken, wenn ich nun wirklich verschwände, denn ich
hatte ja alles vorbereitet, war offiziell tot. Ich hatte ihnen also quasi den
Weg geebnet. Mir schaudert bei dem Gedanken.
„Und mach Dir
keine Sorgen, Cora ist da und passt auf“, sagt Lana ernst, als hätte sie meine
Gedanken gelesen, „Und Du darfst das Mädchen nicht unterschätzen. Sie wirkt
zwar träge und gutmütig, aber das heißt nichts.“
Und damit gehen
sie fort. Es ist dennoch ein seltsames Gefühl. Ich sehe nochmals zu dem Hund
hinüber, der vor dem Kamin schläft. Es wirkt gar nicht danach, dass Cora sich
durch irgendetwas aus der Ruhe bringen ließe, aber kann der Eindruck nicht
täuschen? Ich versuche mich selbst damit zu beruhigen.
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